NATO–Schulterschluß gegen Null–Lösung

■ Der Westen rückt von einer Null–Lösung bei Mittelstreckenraketen in Europa wieder ab

Berlin (dpa/ap/taz) - Der Aufschrei der Abrüstungsgegner im westlichen Lager, die im Anschluß an das Gipfeltreffen in Reykijavik heftig gegen die von Reagan angebotenen Abrüstungsmaßnahmen protestiert hatten, trägt jetzt erste Früchte. In einer Rede in Chicago hat US–Außenminister Shultz am Montag abend erstmals für die US– Regierung erklärt, eine Null–Lösung im Mittelstreckenbereich müsse mit einer Parität bei Kurzstreckenwaffen gekoppelt werden. Damit reagiert die US–Administration auf Vorwürfe der Kohl– und Thather–Regierung, ein kompletter Abzug der Mittelstreckenraketen liefere ihre Länder schutzlos den sowjetischen Kurzstreckenraketen und konventionellen Waffen aus. Den Schwenk der US–Regierung bestätigte auch Bundesverteidigungsminister Wörner, der sich zur Zeit in Washington aufhält: Die USA hätten die Einwände der Europäer nun akzeptiert. Dieses Thema hatte am Wochenende auch die Versammlung der NATO–Parlamentarier erregt. Vor den in Istanbul tagenden Parlamentariern hatte NATO– Oberbefehlshaber Rogers erklärt, militärisch sei die Null–Lösung im Bereich der Mittelstreckenraketen sinnlos. Diese Position bekräftigte er gestern auf einem Strategiesymposium der CSU–nahen Hanns–Seidel–Stiftung. Die Drohung mit Atomwaffen müsse vitaler Faktor der NATO–Abschreckungsgleichung bleiben. In Istanbul hatten verschiedene Parlamentarier Rogers noch heftig widersprochen. Die Null–Lösung sei schließlich das erklärte Ziel des NATO–Doppelbeschlusses vor der Nachrüstung im Mittelstreckenbereich gewesen. Ein Abrücken davon könne zu einer schwerwiegenden Vertrauenskrise zwischen Regierungen und Bevölkerung führen.Eine Änderung könne zu einer Vertrauenskrise führen. JG