Trostpflaster Frauenbeauftragte

■ Ehrenamtlich und ohne Kompetenzen - an den meisten Universitäten wird jetzt eine Frauenbeauftragte bestellt / Zum Beispiel Berlin und Bochum / Serie „Frauen und Hochschule“ Teil 5

Ein „Bonbon“ soll das sein: Nach dem neuen Berliner Hochschulgesetz gibt es eine Frauenbeauftragte. Die Forderung nach terminlich gebundenen Frauenförderplänen wurde jedoch nicht erfüllt. Zwar steht es im § 4 des Gesetzes, daß die Hochschulen auf die „Herstellung der verfassungsrechtlich gebotenen Chancengleichheit“ hinwirken sollen, doch die gleiche Formulierung im Paragraphen über die Frauenbeauftragte läßt befürchten, daß auf sie die ganze Verantwortung abgewälzt wird. Wissenschaftssenator Turner, der sich strikt gegen Quotierungen ausspricht, betonte, die Frauenbeauftragte sei keine „Alibifrau“. Laut Gesetz hat sie das Recht zur „notwendigen und sachdienlichen Information“, Vorschläge zu machen, Stellung zu nehmen und an Gremienberatungen teilzunehmen, Im Klartext: Sie darf viel reden, hat aber nichts zu sagen. In einem von den autonomen Frauenreferaten von Technischer und Freier Universität erarbeiteten Aufgabenkatalog für Frauenbeauftragte wurde der immense Arbeitsumfang klar. Frauen brauchen danach eine Anlaufstelle bei sexuellen Belästigungen, Skripte müssen umgeschrieben, Lehrformen neu durchdacht werden, gerade in technischen Fächern brauchen Frauen Einstiegserleichterungen und und und ... „Eine Frauenbeauftragte ist zu wenig, auch an den Fachbereichen sind Frauenbeauftragte notwendig“, folgerten die AStA– Frauen. Diese Forderung wird auch von Frauen aus anderen Hochschulbereichen unterstützt. Außerdem verlangen sie, daß die Frauenbeauftragte demokratisch von allen Frauen auf einer Vollversammlung gewählt und nicht von oben durch ein männerdominiertes Gremium eingesetzt wird. Im Hochschulgesetz ist jedoch nicht einmal festgeschrieben, daß die Frauenbeauftragte hauptamtlich sein muß. Zwar empfiehlt der Senat in seiner Stellungnahme, an den großen Unis (TU und FU) hauptamtliche Stellen für Frauenbauftragte einzurichten, er stellt jedoch keine zusätzlichen Mittel zur Verfügung. Das bedeutet, innerhalb der Universität müßten für die Frauenbeauftragte aus anderen Töpfen Geldmittel abgezogen werden. Weil die Stellungnahme des Senats nur eine Empfehlung und nicht bindend ist, wird es wahrscheinlich keine neue bezahlte Stelle für eine Frauenbeauftragte geben. Denkbar ist jedoch ein interner „Kuhhandel“: Bereits eine frauenspezifisch orientierte Stelle (z.B. an der Zentraleinrichtung Frauenförderung und Frauenforschung) wird in die jenige der Frauenbeauftragten umgewandelt. An der Ruhr–Universität Bochum wurde eine Frauenbeauftragte erkämpft, die seit Februar ehrenamtlich arbeitet. Einmalig am Bochumer Modell ist, daß alle drei Statusgruppen - Studentinnen, Nichtwissenschaftlerinnen und Wissenschaftlerinnen - vertreten werden. In Vollversammlungen werden für jede Statusgruppe drei Frauen gewählt, die dann zusammen das Wahlfrauengremium bilden. Dieses Gremium hat das Recht, dem Senat Kandidatinnen vorzuschlagen, der die Frauenbeauftragte und ihre beiden Stellvertreterinnen dann wählt. Jede dieser drei Frauen kommt aus einer anderen Statusgruppe. Das Wahlfrauengremium ist als offener Kreis weiter zusammengeblieben, es unterstützt und kontrolliert die Frauenbeauftragten in ihrer Arbeit. Jetzt soll das Landeshochschulgesetz von Nordrhein–Westfalen geändert werden. Der Referentenentwurf sieht zwar eine Frauenbeauftragte vor, aber nur für die Wissenschaftlerinnen. Zwei der drei Statusgruppen verlieren damit ihre Frauenvertretung. Da sich die Frauenbeauftragte um die Belange der Wissenschaftlerinnen kümmern soll, muß auch sie selbst Wissenschaftlerin sein. Damit ist die bisher in Bochum tätige Frauenbeauftragte Dagmar Hiltscher für ihr Amt als ungeeignet abqualifiziert. Seit Juli liegt ein Grundsatzpapier der nordrhein–westfälischen Wissenschaftsministerin Anke Brunn vor. Darin heißt es, daß die Frauenbeauftragte über langjährige Erfahrungen im Wissenschaftsbereich verfügen und möglichst aus dem Kreis der Wissenschaftspersonen kommen soll. Den Hochschulen wird jedoch die Möglichkeit eingeräumt, den Wirkungsbereich der Frauenbeauftragten auf alle weiblichen Hochschulmitglieder zu erweitern. Noch bis zum 1. Januar 1987 werden Stellungnahmen zu diesem Papier gesammelt. Die UniFrauen verfechten weiterhin, daß alle Frauen vertreten und am Auswahlverfahren beteiligt werden sollen. Kathrin Buchholz Ende der Serie