K O M M E N T A R Müll–(Ent–)Sorgen

■ Zum Stopp der Giftmülltransporte nach Schönberg

In Hamburg kostet die Verbrennung einer Tonne Müll 80 Mark. In Schönberg kostet die Deponierung derselben Tonne aber nur 60 Mark. In Deutschland (West) kämpfen von Flensburg bis Passau ungezählte Umweltgruppen gegen die Sondermülldeponien, gegen Grundwasser–Verseuchung, Sickerwässer und Dioxin–Ausscheidungen, sitzen Gerichte, Gutachter und die kritische Öffentlichkeit den Betreibern und der Chemie– Industrie im Nacken. In Deutschland (Ost) herrscht Funkstille. Es gibt viele Gründe für den Gift–Export von Deutschland nach Deutschland. Die „Wirtschaftlichkeit“ und Bequemlichkeit des Entsorgungspfades Schönberg sind die wichtigsten. Daß die Chemie–Industrie und die Entsorger aus den Bundesländern alles unternehmen werden, um diese Giftkippe der Nation offen zu halten, ist demnach klar. Daß dabei ein grüner Minister, dem der Giftmüll bis zum Halse steht, in seiner - unbestreitbaren - Notsituation eine Koalition mit der Chemie– Industrie und dem industriefreundlichen Kurs der Landesregierung eingeht und ebenfalls an Schönberg „festhält“, gehört zur neuen politischen Unübersichtlichkeit. Während die Grünen (Schleswig–Holstein) den Spruch der Schleswiger Richter bejubeln, räsonniert der Parteifreund im Wiesbadener Ministersessel über juristische Schritte dagegen. Realo existierender grüner Fundamental–Widerspruch! Was ist zu tun? Müllverb inzwischen tausendmal erhoben worden, längst ein grüner Ladenhüter und dennoch unverändert aktuell und richtig: Müll–Vermeidung. Das funktioniert aber nur über Eingriffe in die Produktion, über eine wirkliche Kontrolle der Chemie–Mafia und ein verändertes Konsumenten–Bewußtsein. Davon sind wir im Augenblick zwar weit entfernt, aber dies berechtigt noch lange nicht dazu, sich mit dem Status quo abzufinden und aus immanenten Zwängen heraus dubiose Entsorgungswege zu beschreiten. Die Schönberg–Entscheidung bietet eine Chance, weil sie Entsorgungsnotstand und bewußtlose Giftmüll– Produktion aufdeckt. Das ist auch eine Chance für grüne Funktionsträger, die Chemie–Industrie unter Druck zu setzen. Manfred Kriener