NS–Arzt doch verhandlungsfähig

Der 72jährige Dr. Heinrich Bunke ist weiterhin verhandlungsfähig. Das ist das Fazit eines amtsärztlichen Gutachtens, das gestern im Frankfurter NS–Ärzte–Prozeß verlesen wurde. Bunke und seinem Mitangeklagten Ullrich wird, wie berichtet, vorgeworfen, während des Nationalsozialismus mehrere tausend Insassen von Heilanstalten getötet zu haben. Für Dr. Günther Hartung vom Stadtgesundheitsamt ist eine zweistündige Verhandlung pro Woche für den 72–jährigen Angeklagten durchaus zumutbar. Ullrichs Verteidiger Meub forderte gestern neue Gutachten zur psychischen Disposition seines Mandanten, die „zwanghaft zur Konformität im Nazionalsozialismus“ geführt hätte. Seit Wochen stellt Meub an jedem neuen Verhandlungstag Anträge, die vom Gericht regelmäßig als unbegründet abgewiesen werden. Prozeßbeobachter vermuten hinter dieser „Scheibchentaktik“ (Staatsanwalt Eckert) die Hoffnung, daß durch eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Angeklagten der Prozeß doch noch platzt. Michael Miersch