Hausdurchsuchung aus Beweisnot

■ Ravensburger Kripo durchsuchte die Privat– und Arbeitsräume eines Grünen–Mitarbeiters, der seit fünf Jahren ohne „Erfolg“ überwacht wird / Jetzt wird ihm Vortäuschung einer Straftat vorgeworfen

Aus Ravensburg K. F. Rommel

Alles, was die Kriminalpolizei der oberschwäbischen Kreisstadt Ravensburg an Beamten aufbieten konnte, war am Freitag abend im Einsatz, um die Privat– und Arbeitsräume des Grünen–Regionalbeauftragten und Angestellten der Bundestagsfraktion Winfried Taschler zu durchsuchen. Die Aktion stand im Zusammenhang mit der Affaire um den Stuttgarter Landesverfassungschutz, der, wie die taz berichtete, seit fünf Jahren Taschler observierte. Begründet wurde die Observation mit einer Beziehung Taschlers zu linksextremistischen Gruppen und der Beteiligung an gewalttätigen Demonstrationen. Allerdings mußte das Innenministerium eingestehen, daß die fünfjährige Überwachung Taschlers nicht ausgereicht hatte, um ihn mit einer Strafanzeige zu belangen. Bei der vorgenommenen Durchsuchung, an der 23 Beamte und drei Staatsanwälte beteiligt waren, wurde Taschler nun vorgeworfen, eine Straftat vorgetäuscht zu haben. Einen Tag nachdem durch einen Bericht der taz die Bespitzelung Taschlers durch den Verfassungsschutz öffentlich gemacht wurde, entwendeten bei einem Einbruch in die Büroräume der Grünen in Ravensburg bisher un bekannte Täter die Computeranlage und die dazugehörigen Disketten der Partei. Wenige Tage später kam der Computer wieder per Post und mit falscher Absenderangabe an die Grünen zurück. Die Disketten blieben bislang verschwunden. Die Ravensburger Staatsanwaltschaft wirft nun Taschler vor, den Diebstahl inszeniert zu haben, um den Verfassungsschutz in ein schiefes Licht zu stellen. Der Rechtsanwalt und Landtagsabgeordnete der Grünen, Rezzo Schlauch, stellte fest, daß das Innenministerium sich offenbar in Beweisnot befinde. Die Aktion sei völlig unverhältnismäßig. Bei der Hausdurchsuchung beschlagnahmten die Beamten unter anderem ein Stück braunes Tesa– Band, Verpackungsmaterial, ein Taschenmesser und einen handschriftlichen Zettel mit Computerdaten. Gleichzeitig wurden bei einer durchgeführten Hausdurchsuchung beim Kreiskassierer der Grünen 35 Disketten beschlagnahmt. Darunter befanden sich auch die Zweitschriften der bei dem Einbruch abhanden gekommenen Mitgliederkartei der Grünen und die Abonnentenkartei des in Ravensburg erscheinenden Magazins Südschwäbische Nachrichten. Offenbar wollten die Beamten die Erstschriften im Besitz Taschlers finden, um ihn damit in Verbindung mit dem Einbruch zu bringen. Winfried Taschler kündigte inzwischen an, eine einstweilige Verfügung auf Herausgabe der beim Kreiskassierer beschlagnahmten Zweitdisketten zu beantragen und gegen die Hausdurchsuchung Beschwerde einzulegen. Außerdem werde er Klage gegen das Innenministerium und die beiden CDU–Landtagsabgeordneten Lang und Hobmaier auf Widerruf und Unterlassung der Behauptung stellen, er gehöre einer „extremistischen Gruppe“ an und sei Mitglied eines autonomen Blocks.