Prügel für alte Menschen im Caritas–Heim?

■ „Dortmunder Selbsthilfe“ deckt neuen Skandal in Altenheim auf / Zeugen belegen, daß Alte und Pflegebedürftige mit Schlägen und Tritten traktiert wurden / Nach Strafanzeige ermittelt Staatsanwaltschaft / Heimleiter beurlaubt

Aus Bochum Hanne Eckert

Glaubt man den Aussagen ehemaliger Mitarbeiter, so mußten die Insassen des Alten– und Pflegeheimes St. Antonius in Schöppingen bei Münster wiederholt Prügel und Tritte hinnehmen. Der Heimleiter, Diakon Hans Moormann, soll seit 1981 immer wieder die ihm anvertrauten Alten und Pflegebedürftigen mißhandelt haben. Die „Dortmunder Selbsthilfe“, die den Stein ins Rollen brachte, untermauerte ihre Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Münster mit sechs schriftlich verfaßten Aussagen von ehemaligen Angestellten des St. Antonius–Heimes. Da ist von Mißhandlungen die Rede, von „brutalsten“ Schlägen, weil ein Heiminsasse unerlaubt einkaufen war. Im Eifer des Gefechts soll auch schon mal der Falsche Prügel bezogen haben, wie der Pfleger Friedhelm Renkhoff aussagte. Renkhoff gab zu Protokoll, daß er eine Woche lang krank geschrieben werden mußte, weil Heimleiter Moormann mit dem Krückstock auf eine behinderte Frau losgegangen war und ihn dabei getroffen hat. Der Hauptbelastungszeuge Achim Maurer, von 1980 bis 82 in dem Münsteraner Pflegeheim St. Antonius als Pfleger tätig, glaubt, daß er Heimleiter und ehemalige Zeitsoldat Moormann besonders im Umgang mit geistig Behinderten „einfach überfordert“. Als Reaktion auf die anlaufenden staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen wurde Diakon Moormann „bis auf weiteres beurlaubt“. „Bereits vor vier Jahren“, so Dietrich Lacker von der Dortmunder Selbsthilfe, „wurde der Träger des Heimes, der Diözesan–Caritas–Verband in Münster, auf die Zustände bei St. Antonius aufmerksam gemacht. Aber nichts geschah“. Hubert Kersting, der Leiter des mit der Heimaufsicht befaßten Sozialamtes im Kreis Borken, kann sich „nicht vorstellen“, daß die Vorwürfe „in dieser Form“ zutreffen. Bei den Heiminsassen handele es sich um einen „schwierigen Personenkreis“, bei dem man auch mal etwas strenger sein müsse. Geschlagen werden dürfe allerdings „auf keinen Fall“. Für Kersting ist die Angelegenheit mit der Beurlaubung des „etwas forschen“ Heimleiters jedenfalls „erledigt“. Bei der Staatsanwaltschaft in Münster wird das jedoch anders gesehen. Pressedezernent Werner Kortbus erklärte, daß sich im Zuge der Ermittlungen bereits zahlreiche neue Zeugen gemeldet hätten, die „ebenfalls etwas gesehen haben wollen“. „Fünf bis sechs Monate“, so glaubt Kortbus, brauche seine Behörde noch für die Untersuchungen. Neben St. Antonius sorgten in den letzten Monaten weitere Caritas–Heime in Westfalen für Aufsehen. „Unregelmäßigkeiten“ von 1,1 Millionen waren in den Kassen zweier Altenheime in Bottrop aufgefallen. Die Caritas will diese Gelder nun an den Landschaftsverband Westfalen–Lippe zurückzahlen. Rund 1,7 Millionen an Zuschüssen haben die Pflegeheime in Ahlen, Neubeckum und Ennigerloh zuviel kassiert. Wie einträglich das Geschäft mit Alten und Pflegebedürftigen sein kann, ist spätestens seit dem Millionenbetrug im Gelsenkirchener Sozialwerk St. Georg bekannt. Heimleiter Hennemeyer bereicherte sich seinerzeit nicht nur schamlos, er ließ sich für seine „besonderen Verdienste“ auch noch das Bundesverdienstkreuz umhängen.