BRD verzeichnet weltweit höchsten Export

■ Aber nur in Dollarberechnung / Anteil der dritten Welt am Handel rückläufig

Von Ulli Kulke

Neue Munition für den wirtschaftspolitischen Wahlkampf der Bundesregierung: Die Bundesrepublik ist zum ersten Mal in ihrer Geschichte das Land mit dem höchsten Export der Welt. Es hat damit die USA von ihrer Spitzenposition verdrängt - freilich nur in Dollars gerechnet. Zählen wir in DM–Preisen - was am ehesten noch die Entwicklung des realen BRD–Ausfuhr–Volumens ergibt - ging der Export sogar etwas zurück. Quelle dieser für den bundesdeutschen Stolz wohlklingenden Daten ist der neueste Bericht des Allgemeinen Zoll– und Handelsabkommens GATT, eine der UNO assoziierte Organisation mit Sitz in Genf. Die Angaben beziehen sich auf die ersten zehn Monate des Jahres. Die GATT–Analysten gehen jedoch davon aus, daß die Entwicklung auch auf das gesamte Jahr 1986 berechnet anhalten dürfte. Danach exportierte die BRD von Januar bis Oktober im Wert von 200 Milliarden Dollar, was gegenüber dem Vorjahr eine Steigerung von 34,5 während die USA sich lediglich um magere 1 steigern konnten. Paradoxerweise sind die unterschiedlichen Zuwächse in diesem Fall ein Ergebnis des dramati schen Dollarkursverfalls im laufenden Jahr. Üblicherweise würde ein niedrigerer Dollar und eine höhere Mark US–Waren auf dem Weltmarkt konkurrenzfähiger, die bundesdeutschen Produkte jedoch teurer, und von daher schwerer absetzbar machen. Dollarverfall machts Entsprechende Anpassungen in den realen Exportströmungen erfolgen jedoch in der Regel mit einer Verzögerung (“Time lag“) von Monaten, bisweilen auch Jahren. Bis dahin verändert sich der Export vor allem wertmäßig, die Mengeneffekte werden durch die teurere Mark zunächst überkompensiert. Und da der Welthandel allgemein in Dollar abgerechnet wird, ergeben sich für die BRD mit ihrer „starken“ DM gegenüber dem Dollar recht ansehnliche Werte: Ein Porsche für 100.000 DM erbrachte 1985 beim Kurs von 1:3 in den USA 33.000 Dollar, beim heutigen Kurs von 1:2 dagegen 50.000 Dollar - sollte der Porsche infolgedessen zu teuer auf dem US–Markt werden, sind die Zuffenhausener zu Dollar–Preisanpassungen gezwungen. Oder sie setzen entsprechend weniger ab, was aber eben erst nach dem „Time lag“ eintritt. Da die DM beim Porsche–Export DM bleibt, lauten die Zahlen hier entsprechend anders. 439,5 Milliarden DM konnte die bundesdeutsche Exportwirtschaft in den ersten zehn Monaten des Jahres einheimsen, was sogar einen Rückgang gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum (447,9 Mrd. DM) bedeutet, auch Zeichen erster Mengen–Anpassungsprozesse beim Handel mit den USA an das neue DM–Dollar– Kursverhältnis. Ein schwacher Trost bleibt den USA: Sie bleiben in der Rangliste der Außenhandelsländer die Nr. 1 - aufgrund exorbitant hoher Importe. Im– und Export der USA: 600 Mrd. Dollar gegenüber 430 Mrd. Dollar der Bundesrepublik. Das Handelsbilanzdefizit der USA betrug dabei 1985 3,5 während die entsprechenden Überschüsse in Japan 3,5 der BRD gar 4,1 Nicht besonders ermutigend für die Fetischisten des Welthandels ist dessen Entwicklung im vergangenen Jahr gelaufen: 3% Zuwachs konnten notiert werden. Das ist zwar etwas mehr als erwartet, bleibt jedoch erheblich unter den Boomjahren vergangener Konjunkturzyklen zurück (im Durchschnitt 8,5 und 5,5 ohnehin geringe Anteil der Entwicklungsländer am gesamten Welthandel schrumpfte dabei noch, weil die Handelszuwächse allein bei den Fertigwaren erzielt wurden.