Häuser in Göttingen geräumt

■ Polizei räumte in Göttingen drei besetzte Häuser / GdP–Mann sorgte zuvor bei der SPD für die „richtige Stimmung“ / 25 Personen festgenommen / Tränengas– und Schlagstockeinsatz

Berlin (taz) - In Göttingen haben starke Polizeikräfte am gestrigen Vormittag drei Häuser geräumt, von denen zwei erst am vergangenen Freitag besetzt worden waren. 25 Besetzer und Besetzerinnen wurden vorübergehend festgenommen und erkennungsdienstlich behandelt. Bei einer anschließenden Demonstration, die durch die Innenstadt zur Universität führte, kam es laut Augenzeugenberichten zu gewalttätigen Ausschreitungen seitens der Polizei. Die privaten Eigentümer der beiden zuletzt besetzten Häuser hatten überhaupt keinen Antrag auf Räumung gestellt, die Polizei handelte „zur Gefahrenabwehr“ nach dem umstrittenen Niedersächsischen Sicherheits– und Ordnungsgesetz. Die Begründung: Am vergangenen Wochenende wurde die Zentrale einer rechtsradikalen Studentengruppe in der Göttinger Burgstraße beschädigt, Akten flogen auf die Straße und wurden verbrannt. Die Polizei vermutet die Täter unter den Bewohnern des in unmittelbarer Nachbarschaft gelegenen besetzten Hauses. Während die Besetzer dieses Hauses von der Polizei abgeführt wurden, ergriffen die Bewohner eines besetzten Hauses am Göttinger Theaterplatz vor dem Eintreffen der Polizei die Flucht. Den Besetzern eines dritten, in städtischem Besitz befindlichen Hauses wurde eine Stunde Zeit gegeben, das Gebäude zu verlassen. Unter massiver Polizei–Begleitung zogen gestern gegen Mittag 300 bis 500 Demonstranten zur Universität, wo einer der Hausbesitzer im Studentenwerk als Arzt tätig ist. Als einige Demonstranten in dessen Praxis vorsprechen wollten, habe die Polizei, so der anwesende grüne Landtagsabgeordnete Jürgen Trittin, hart eingegriffen und sich nicht davor gescheut, mit Tränengas in die Vorhalle der Mensa zu schießen. Das politische Klima für die Räumungen hatte zuvor der Göttinger Vorsitzende der Polizeigewerkschaft, Willibald Elsner (SPD) maßgeblich beeinflußt. Nach einer sogenannten „Scherben–Demo“ in der vergangenen Woche forderte Elsner seinen SPD–Partei–Unterbezirk auf, sich von den „Gewalttätern“ zu distanzieren. Die Sozialdemokraten schossen über das Ziel hinaus und distanzierten sich gleich von Hausbesetzungen schlechthin. Hintergrund der Besetzungen: Nach wie vor ist die Wohnungssituation in der Universitätsstadt besonders für Studenten schlecht, da, so der Grünen–Abgeordnete Trittin, der vorhandene Wohnraum zunehmend modernisiert und verteuert wird. ak