Nichts Neues vom DGB

■ Aufarbeitung des NH–Debakels vertagt

Der Vorschlag des Geschäftsführenden DGB–Bundesvorstandes, eine Kommission mit der Aufarbeitung des NH–Debakels zu beauftragen, war gegen die Forderung nach einem außerordentlichen DGB–Bundeskongreß gerichtet. Er diente zwei Zielen: Einerseits sollte der DGB–Chef Breit als zwar honorige Integrationsfigur, aber dennoch politisch Verantwortlicher für die jüngsten NH–Eskapaden gegen die notwendig öffentliche Diskussion auf einem solchen Kongreß abgeschirmt und geschützt werden. Außerdem aber sollte die innergewerkschaftliche Diskussion um das politische und ökonomische Fiasko mit der Neuen Heimat begrenzt und kanalisiert werden. Nun ist auch diese Ersatzlösung am Widerstand der wichtigsten Einzelgewerkschaften gescheitert. Offensichtlich will sich insbesondere der neue IG Metall–Chef Franz Steinkühler nicht in verbindliche Diskussions– und Entscheidungszusammenhänge um die Neue Heimat und die Gemeinwirtschaft hineinziehen lassen. Im Frühjahr steht eine neue, aller Voraussicht nach schwere Kraftprobe mit den Unternehmern um die 35–Stunden–Woche bevor, die Steinkühler durch Diskussionen um die Neue Heimat nicht noch mehr belasten will, als sie es ohnehin schon ist. Aber die Devise „Gras drüber wachsen lassen - auf die Tarifrunde konzentrieren“ ist naiv. Ein politischer Trümmerhaufen läßt sich wohl kaum durch Nichtstun rekultivieren. Was der DGB–Bundesvorstand am Dienstag beschlossen hat, ist aber exakt dies: Erst einmal nichts zu tun und die selbstkritische politische Aufarbeitung des schmählichsten Kapitels der DGB–Nachkriegsgeschichte auf unbestimmte Zeit zu vertagen. Insofern: Nichts Neues vom DGB. Martin Kempe.