piwik no script img

Pro–Familia–Erweiterung gescheitert

■ Schwangerschaftsberatung und -abbruch wird es unter einem Dach in Bielefeld nicht geben / Pro–Familia gibt das Scheitern eines angestrebten Modells bekannt / Mieter für vorhandene Räume gesucht

Von Bettina Markmayer

Bielefeld (taz) - Beratung und Schwangerschaftsabbruch unter einem Dach wird es in Bielefeld nicht geben. Die dortige Pro–Familia–Beratungsstelle gibt heute das Scheitern ihres Erweiterungsvorhabens bekannt. Der ProFa–Vorstand bietet - „formal sind wir ja für die Misere verantwortlich“ - geschlossen seinen Rücktritt an; die bereits eingerichteten Behandlungsräume werden zum Ende des Jahres geräumt und weitervermietet, die medizinische Einrichtung wird verkauft. Gut vier Jahre haben die Streitigkeiten um die ProFa–Erweiterung nun gedauert. Mit Verschleppungstaktik und immer neuen juristischen Spitzfindigkeiten gelang es dem zuständigen Regierungspräsidium Detmold, einen über die Grenzen Bielefelds hinausweisenden Versuch im verwaltungstechnischen Mief zu ersticken. Kern der behördlichen Argumentation: Die nordrhein–westfälischen Richtlinien ließen nicht zu, daß eine Einrichtung wie Pro– Familia Ärzte/innen beschäftigen dürfe. Erlaubt sei lediglich die Zu sammenarbeit mit niedergelassenen Ärzten/innen. Wolle die ProFa–Beratungsstelle, wie geplant, die ein Stockwerk tiefer eingerichtete Praxis in Betrieb nehmen, müsse sich dort ein Arzt oder eine Ärztin niederlassen. Möglich sei auch, daß ein/e dort stundenweise arbeitende/r Arzt/ Ärztin neben der eigenen Praxis bei ProFa eine sogenannte Zweigniederlasssung beantragen. Die aber, das weiß man bei der Behörde, ist kaum zu bekommen, da sie vom bereits vorhandenen Versorgungsgrad abhängig gemacht wird. ProFa wiederum fand wohl Ärzte zur begrenzten Zusammenarbeit, nicht aber solche, die sich in den Praxisräumen der Beratungsstelle auch gleich niederlassen wollten. Im übrigen entspricht die Zusammenarbeit mit einer/m niedergelassenen Arzt/Ärztin nicht der Konzeption, die der Bielefelder ProFa vorschwebte. Wesentlich für den jetzt gefaßten Beschluß, die Erweiterung aufzugeben, war die Befürchtung, mit einem weiteren finanziellen Engagement die Arbeit der Beratungsstelle selbst zu gefährden. Die örtliche SPD, die einst die ProFa–Konzeption „Alles–unter– einem–Dach“ befürwortete, hält sich heute bedeckt. Der nächste Haushalt wird wahrscheinlich, wie auch schon 1985, mit der CDU verabschiedet. Die Bielefelder Öffentlichkeit nimmt erst jetzt wieder Notiz von der Arbeit der Beratungsstelle. Die alleinige Konzentration auf den juristischen Weg, so ein Vorstandsmitglied, habe sich als kurzsichtig herausgestellt; Öffentlichkeitsarbeit und die Mobilisierung einer breiten Unterstützung seien unterblieben. Man habe den Verwaltungsapparat unter– und die Liberalität der SPD–Landesregierung überschätzt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen