Riesendemo gegen Regierung Chirac

■ Annähernd eine Million Menschen protestierten in Paris gegen die Hochschulreform / Lehrergewerkschaft, CGT, SOS–Racisme beteiligten sich an Kundgebung / Chirac denkt nicht an Rücknahme des Gesetzes

Aus Paris Georg Blume

Bei strahlendem Herbstwetter demonstrierten annähernd eine halbe Million Schüler und Studenten am Donnerstag nachmittag gegen die Universitätsreform der Rechtsregierung. Der Zug bewegte sich von der Bastille zur französischen Nationalversammlung. Es ist die größte Protestdemonstration gegen eine Rechtsregierung seit 1968. Die Koordinationen der neuen französischen Schüler– und Studentenbewegung hatten für diesen Tag das erste Mal zu einer nationalen Kundgebung aufgerufen, nachdem vor einer Woche bereits 600.000 Schüler und Studenten über das ganze Land verteilt demonstriert hatten. Dem Aufruf zur Kundgebung waren auch die linksgerichtete Lehrergewerkschaft FEN, die Antirassismusorganisation „SOS–Racisme“ und die kommunistische CGT–Gewerkschaft gefolgt. Der französische Premierminister Jacques Chirac hatte sich bereits am Donnerstag morgen vorbeugend zu den Protesten geäußert. Die umstrittene Gesetzesvorlage zur Universitätsreform soll nun am 10. Dezember erneut dem Parlament vorgelegt werden. Der Premierminister bestätigte damit indirekt, daß an eine Rücknahme des Gesetzes, wie von den Demonstranten gefordert, vorerst nicht zu denken ist. Demgegenüber sind Schüler und Studenten überzeugt, daß die Regierung zurückweichen werde. „Wenn nicht reißen wir die Nationalversammlung Stein für Stein ab und bauen sie in Polen wieder auf.“ Schüler und Studenten sind nach wie vor mutig. Doch dazu, wie es weiter gehen soll, will sich niemand äußern. „Morgen müssen wir uns erst einmal ausruhen.“ Reportage Seite 7 Kommentar Seite 4