Großflughafen darf gebaut werden

■ Knappe Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts für den umstrittenen Münchener Flughafen im Erdinger Moos / Nach jahrelangem Baustopp darf wieder gebaggert / Lärmschutz vor Umweltschutz

Berlin (taz/dpa) - Die jahrelang geführte Auseinandersetzung um den Bau des geplanten Großflughafens München II im Erdinger Moos ist juristisch entschieden. Mit der knappen Mehrheit von drei zu zwei Stimmen entschied das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in Berlin am Freitag, daß der umstrittene Bau fortgesetzt werden darf. Nachdem sich schon der Bayerische Verfassungsgerichtshof und das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe nach einer Flut von Klagen mit dem 3,7–Milliarden–Mark–Projekt befaßt hatten, urteilte das Berliner Gericht jetzt in letzter Instanz. Die Entscheidung für den Weiterbau wäre vor dem BVerwG beinahe an der Frage gescheitert, ob der Lärmschutz für die Einwohner zweier Ortschaften Vorrang habe gegenüber dem Umweltschutz. Der über 2.000 Meter breite Abstand zwischen Start– und Landebahn wurde beanstandet, weil dabei weite Naturflächen der Bebauung zum Opfer fallen. Bei einer engeren Zusammenlegung der beiden Betonpisten hätten die Flugzeuge direkt über die anliegenden Dörfer Eitting und Achering fliegen müssen, was eine enorme Lärmbelästigung zur Folge gehabt hätte. Das Gericht entschied sich für den Lärmschutz. Über dieses Urteil wird sich besonders der bayerische Wirtschaftsminister Anton Jaumann (CSU) freuen. Er hatte Einfluß auf das Genehmigungsverfahren ausgeübt, obwohl er wegen seiner gleichzeitigen Mitgliedschaft im Aufsichtsrat der Bauherrin (Flughafengesellschaft, FMG) von einer Mitwirkung gesetzlich ausgeschlossen war. Außerdem, so befand das Gericht damals, sei die geplante Anlage mit einem Gelän debedarf von 2.050 Hektar überdimensioniert. Die Urteilsbegründung fiel vor fünf Jahren deftig aus: Die Genehmigungsbehörde habe sich „ohne Rücksicht auf entgegenstehende Belange für das größte überhaupt denkbare Maximum entschieden“, meinten die Richter. Zwischenerfolg der Flughafengegner: Die FMG zog ihre Pläne für eine dritte Startbahn zurück. Nach dem Urteilsspruch gestern in Berlin zeigte sich Oscar Vincenti, Vorsitzender der „Schutzgemeinschaft Erdinger Moos“, gegenüber der taz zwar erschüttert, „daß wir in allen Punkten unterlegen sind“. Er habe allerdings „aus Berlin nichts Gutes erwartet“. Die durch bisherige Baumaßnahmen geschaffenen „vollendeten Tatsachen“ hätten auf die Richter Eindruck gemacht und die Entscheidung letztlich beeinflußt. Die Flughafengegner wollen sich nun auf ihre Klagen gegen Nachtflüge und auf eine Entschädigung für die betroffenen Anwohner konzentrieren. ak