Achtungserfolg für Opposition in Taiwan

■ Bei den Wahlen am Samstag konnte die oppositionelle Demokratische Fortschrittspartei 25 Prozent der Stimmen erringen / Nur ein kleiner Teil der Sitze der Nationalversammlung stand zur Wahl / Seit 37 Jahren regiert die nationale Volkspartei mit Kriegsrecht

Taipei (wps/ap/dpa/taz) - Mit 25 Prozent der Stimmen errang die erstmals zu Wahlen in Taiwan angetretene oppositionelle Demokratische Fortschrittspartei einen erheblichen Achtungserfolg. Die Partei war erst Ende September aus dem oppositionellen Sammelbecken der sogenannten „Dangwai“ hervorgegangen und ist die erste organisierte Oppositionspartei gegen die alleinregierende Kuomin–Tang (KMT) auf der Insel. Von den 157 neu zu besetzenden Abgeordnetenposten in Legislativ Yuan, dem gesetzgebenden Organ, und der eher unbedeutenden Nationalversammlung entfielen 23 auf die Fortschrittspartei. Dazu konnte sie noch Stim mengewinne in der Landeshauptstadt Taipei und der zweitgrößten Stadt, Kaoshiung, erzielen. Mit 66 Prozent der 11,8 Millionen Stimmen behauptete allerdings die in Taiwan seit 37 Jahren allein und unter Kriegsrecht regierende Nationale Volkspartei (KMT) unter dem jetzigen Präsidenten Chiang Ching–Kuo ihre Mehrheit. Der Rest der Stimmen entfiel auf unabhängige Kandidaten und die sozialdemokratische Partei, die bisher als regierungskonform galt. Seit die KMT 1949 nach der Niederlage im chinesischen Bürgerkrieg unter dem damaligen Präsidenten der chinesischen Republik, Chiang Kai–shek, auf die 19–Millionen Einwohner Insel Taiwan geflüchtet war, hielt sie den Alleinvertretungsanspruch auf ganz China aufrecht. Das Kriegsrecht und das „vorübergehende Gesetz für die Dauer des kommunistischen Aufstandes“, beides 1948 in Nanjing (VR China) ausgerufen, galten deshalb in Taiwan weiter. Die einheimische lokale Bevölkerung die einen 86prozentigen Anteil an der Gesamtbevölkerung stellt, könnte danach immer nur einen Teil der „gesamt–chinesischen Parlamentsabgeordneten“ wählen - ihrem prozentualen Anteil an ganz China gemäß. Die restlichen Abgeordneten sind entweder in den vergangenen vier Jahrzehnten von der Regierung ernannt worden, oder sie haben ihr Amt seit 1948 inne. In der Vergangenheit konnte die Oppositionsbewegung der „Dangwai“ aufgrund eines Partei–Gründungsverbots nur mit Einzelkandidaten zu Wahlen kandidieren. Dabei hatten sie 1983 etwa 17 Prozent der Wählerstimmen auf sich vereinigen können. Daß es in Taiwan erstmals eine organisierte Opposition gibt, geht auf eine landesweite innenpolitische Reformkampagne des 76jährigen Präsidenten und ältesten Sohn von Chiang Kai–shek zurück. Völlig überraschend und vehement forderte er zu Beginn dieses Jahres seine Partei zum konstruktiven Dialog mit allen Bereichen der Gesellschaft des kleinen Inselstaates auf. Als der Dialog an der Kritik von Hardlinern in KMT und „Dangwai“ zu scheitern drohte, gründeten die Oppositionellen des Landes Ende September die Fortschrittspartei. Selbst ansonsten taiwankritische Journalisten aus Hongkong und der noch immer von Einreiseverbot belegte Oppositionspolitiker Hsu Hsin–Liang sehen im Abschluß der Wahlen einen erfolgreichen Versuch des Schwellenlandes, langsam auf demokratischen Bahnen zu wandeln. jk