K O M M E N T A R Starker Staat

■ Zum Hagener Polizeieinsatz gegen Demonstranten

Hagen (taz) -Der Polizeigroßeinsatz am Samstag stand auf den ersten Blick in keinem Verhältnis zu seinem Anlaß: Um zu verhindern, daß einige hundert Antifaschisten ein paar Dutzend Skinheads in die Flucht schlagen hätte Hagen nicht von Einheiten aus ganz Nordrhein– Westfalen, darunter auch das SEK, in einen quasi–Belagerungzustand versetzt werden müssen. Auch die stundenlange Einkesselung, Personalienfeststellung und Festnahme linker Demonstrantengruppen läßt sich nicht damit erklären, daß die Polizei „Auseinandersetzungen“ habe verhindern wollen. Zu denen konnte es am späten Nachmittag garnicht kommen, weil die Skins und Neonazis bereits von einem größeren Trupp Polizei gut geschützt in der Kneipe ihr angekündigtes Biergelage abhielten. Die Größe, Vehemenz und Stoßrichtung des Polizeieinsatzes, der sich vor allem gegen die Linke richtete, ist wohl als Signal zu verstehen: die härtere Gangart mit der gegen die Anti– AKW– Bewegung vorgegangen wird, wird gegen alle die eingeschlagen werden, die das Gewaltmonopol des Staates in Frage stellen. Wenn der Staat nicht gegen neofaschistische Gruppen einschreiten will, und daß das nicht sein Ziel ist hat er oft genug deutlich bewiesen, soll dazu auch sonst niemand ein Recht haben. Wie man taktisch auf ein Einsatzkonzept wie das in Hagen praktizierte reagiert, wie zu verhindern ist, daß durch Festnahmen und ED– Behandlung die antifaschistische Szene total erfasst wird ist die Frage, die hier nicht beantwortet werden kann. Wie allerdings die Antwort auf die dem Einsatzkonzept zugrundeliegende politische Strategie ausfallen muß ist klar: Wehret den (leider recht fortgeschrittenen) Anfängen... Oliver Tolmein