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Kalkül mit der Angst

■ Die französische Regierung steckt in einer Krise

In der Bundesrepublik mag manch einer mit neidischem Blick über den Rhein schauen. Während man in Bonn in aller Regel öffentliche Empörung ignoriert und Skandale aussitzt, opfert man in Paris unter dem Druck der Straße einen Minister und zieht einen Gesetzesentwurf zurück. Ob es diesmal der französischen Regierung gelingt, die Schüler– und Studentenbewegung, zu befrieden und ihre unerwartet rasante Dynamik lahmzulegen, ist allerdings noch nicht entschieden. Bislang war die Regierung just immer einen Tag zu spät dran. Als sie letzte Woche den Studenten ein partielles Nachgeben signalisierte, hatten diese gerade ihre eigene Kraft entdeckt und die Rücknahme des gesamten Gesetzespakets gefordert, und als sie den Universitätsminister Devaquet fallen ließ, war der schon 24 Stunden nicht mehr Zielscheibe des Protests, sondern sein Kollege Charles Pasqua, verantwortlich für den Einsatz einer enthemmten Soldateska, wie sie Paris seit dem legendären Mai vor 18 Jahren wohl nicht mehr gesehen hat. Wie weiland General De Gaulle kalkulierte der Innenminister bei seinem Bemühen, die Popularität der Bewegung zu brechen, mit der Angst vor dem Chaos und dem Bedürfnis der Bürger nach Ruhe. In dieser Situation haben die Studenten nun an die Bevölkerung appelliert und zum Generalstreik aufgerufen. Falls dieser mißlingt, müßten sie sich wohl mit ihrem Sieg zufriedengeben. Falls er allerdings ein Erfolg wird und der Bewegung neuen Auftrieb gibt, wird sich Präsident Mitterrand nicht mehr als „Präsident aller Franzosen“ aus dem Konflikt heraushalten können. Im übrigen gibt es mindestens einen Franzosen, dessen Präsident er offenbar nicht war: Malik Oussekine. Er wurde von Beamten des französischen Staats wie ein Hund erschlagen. Der Präsident hat geschwiegen. Thomas Schmid

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