AKW Würgassen ohne nötigen Berstschutz

■ Hessische Grüne fordern sofortige Abschaltung des Störfallreaktors Würgassen / Stadt Kassel soll klagen

Von Klaus–Peter Klingelschmitt

Frankfurt (taz) - Die Grünen im hessischen Landtag haben am Montag in Wiesbaden den nordrhein–westfälischen Ministerpräsidenten und SPD–Kanzlerkandidaten Johannes Rau aufgefordert, das „vergessene AKW“ in Würgassen „unverzüglich“ stillzulegen. Das nur 30 Km von der nordhessischen Metropole Kassel gelegene, bereits seit 1971 in Betrieb befindliche AKW gilt - neben Stade - als das „gefährlichste“ Atomkraftwerk der Republik. In den fünfzehn Betriebsjahren, so die hessischen Grünen, hätten sich insgesamt 260 Störfälle ereignet. Dazu komme, daß die Betonummantelung des Atommeilers lediglich 20 cm dick sei, während heute ein 2 Meter dicker Betonmantel als Standard gelte: „Damit fehlt auch der Berstschutz gegen Flugzeugabstürze.“ Am Beispiel Würgassen, so die Grünen weiter, könne Rau unter Beweis stellen, daß es ihm mit dem Ausstieg aus der Atomenergie tatsächlich ernst sei. Das nordrhein– westfälische Wirtschaftsministerium habe jetzt eine Kommission zur Sicherheitsüberprüfung eingesetzt. Bei einer Bestätigung der aufgezeigten Mängel müsse unverzüglich stillgelegt werden. Die Forderung auf sofortige Abschaltung des mit „nicht mehr reparablen Sicherheitsmängeln behafteten „Schrottreaktors“ hatten bereits am vergangenen Freitag die Teilnehmer einer Diskussions– und Informationsveranstaltung in Kassel erhoben. Der Magistrat der Stadt wurde von den Versammelten an den nach der Tschernobyl–Katastrophe gefaßten Stadtverordnetenbeschluß erinnert, in dem er aufgefordert wurde, Klage auf Abschaltung des Reaktors einzureichen. Der dafür zuständige Dezernent Ludolf Wurbs erklärte gegenüber der Lokalpresse, daß die Stadt Kassel von der NRW–Landesregierung bisher vergeblich die Herausgabe des Sicherheitsberichtes für Würgassen verlangt habe. Unter diesen Umständen, so Wurbs weiter, werde die Kommune jetzt einen Prüfauftrag für die Klageerhebung vergeben. Für die Grünen im hessischen Landtag ist die Verweigerung der Herausgabe des Sicherheitsberichtes für das von der PREAG betriebene AKW „ein Skandal“. Die Landtagsgruppe erwartet, daß Ministerpräsident Rau seinen Wirtschaftsminister unverzüglich anweist, den betroffenen hessischen Städten und Landkreisen diesen Sicherheitsbericht endlich vorzulegen.