Neues AKW hat Herstellungsfehler

■ US–Studie entdeckt Schwachstellen im AKW Mülheim–Kärlich / Druckbehälter sind zu klein

Aus Mainz Felix Kurz

Atomkraftwerke der Babcock & Wilcox–Linie wie der Reaktor in Mülheim–Kärlich sind „von sich aus störanfälliger als andere Druckwasserreaktoren“. Das geht aus einem Bericht der Union of Concerned Scientists (UCS), einer unabhängigen amerikanischen Wissenschaftlerorganisation hervor. Die Studie wurde gestern von den rheinland–pfälzischen Grünen vorgestellt. Der Report wurde unter der Federführung des ehemaligen Mitarbeiters der amerikanischen Atomaufsichtsbehörde NRC, Robert Pollard, erstellt und beschäftigt sich ausführlich mit den „konstruktionsbedingten Schwachstellen“ des Reaktortyps. Kritisiert werden von den Wissenschaftlern die einzigartigen Dampferzeuger und die relativ klein dimensionierten Druckbehälter, die deshalb „ungewöhnlich störanfällig“ seien. Während in den anderen Reaktortypen vier Dampferzeuger eingebaut sind, habe der Atommeiler nur zwei der viel zu klein ausgelegten Erzeuger. Auch das extra für dieses Problem entwickelte Kontrollsystem habe sich als „ungeeignet“ herausgestellt und könne die eventuell auftretenden Instabilitäten bei den B&W–Reaktoren „offenbar nicht verhindern“. Konkret moniert der UCS–Bericht die eingesetzten Geraddampferzeuger, die sich von den herkömmlichen U–förmigen bei anderen Kraftwerkstypen unterscheiden. Aufgrund ihrer speziellen Eigenart neigen sie zu schnellen Temperaturänderungen des Speisewasserstromes und könnten so einen Zwischenfall verursachen, „der bei anderen Reaktoren harmlos, bei B&W–Reaktoren dagegen zu einer Krise führen“ könne, so die Studie. Fortsetzung auf Seite 2 Die eingesetzten Druckhalter des AKW sind laut UCS „viel zu klein“. In Verbindung mit den Dampferzeugern könne deshalb der „Reaktordruckbehälter einem derartig hohen Druckwärme schock ausgesetzt“ werden, so daß schlimmstenfalls sogar ein Bersten des Reaktors zu befürchten sei. Das AKW Mülheim–Kärlich wurde aufgrund zweier Gerichtsbeschlüsse des Oberverwaltungsgerichts Rheinland–Pfalz während des Probebetriebes abgeschaltet und ist mit seinen 1.300 Megawatt der bislang größte Reaktor der B&W–Linie. Das AKW machte vor allem in der letzten Zeit während des Probelaufes durch zahlreiche Störfälle Negativschlagzeilen. Genau in den von der UCS kritisierten Bereichen ereignete sich auch der bislang schwerste Zwischenfall in der Nacht vom 25. auf den 26. Mai diesen Jahres, der zu einer Reaktorschnellabschaltung führte. Nach Angaben des Umweltministeriums war der Störfall auf eine „Instabilität in der Regelung der Hochdruckwärmer“ zurückzuführen. Die Grünen forderten erneut die endgültige Stillegung des AKW Mülheim–Kärlich und warfen der Landesregierung vor, sie fördere ein „illegales, gemeingefährliches AKW“ und handele „verantwortungslos“.