„Dallas–live“: Texaco kämpft ums Überleben

■ Im Rechtsstreit zwischen zwei Ölkonzernen droht dem Multi eine tödliche Geldbuße / Kampf zwischen New York und Texas um ein drittes Ölunternehmen

Von Ulli Kulke

Kaum ist die Fernsehserie „Dallas“ von den bundesdeutschen Fernsehschirmen für eine Weile verschwunden, kommt „Dallas live“ über den Atlantik. Zwei Ölgiganten aus New York und Texas kämpfen um nicht weniger als Tod und Leben, der Riese Texaco steht mittendrin. Es entspricht dabei nur dem US–amerikanischen Zeitgeist, daß natürlich auch Spekulationen über die Fusion der beiden streitenden Giganten zirkulieren. Der New Yorker Texaco–Konzern jedenfalls muß sich im Dezember 1986 warm anziehen. Ihm droht eine saftige Geldstrafe von 10,5 Milliarden Dollar, die selbst diesem Unternehmen (47 Milliarden Dollar Jahresumsatz, 1,23 Mrd. Reingewinn) den Garaus machen könnte. Die Anteilseigner befürchten es bereits, die Aktien sind auf den Tiefststand von 30 Dollar gefallen. Dieser Tage wird das endgültige Urteil erwartet. Vertrag per Handschlag? Das Drama im Klub der Ölbarone begann mit einem Handschlag. Hugh Liedke, Chef des texanischen Ölkonzerns Pennzoil, tätigte ihn Anfang 1984 in rechter Landessitte mit Gordon Getty. Für Liedke stand damit fest: Penzoil hat 20 Ganze öffentlich gefeiert wurde. Hinter dem Rücken Liedkes lauerte jedoch bereits unverhofft der Rivale. Zwei Tage später hieß es näm lich, Texaco und sein Chef John McKinley seien mit Getty handelseinig geworden, man habe bei der Gelegenheit gleich ganz Getty–Oil übernommen. Texaco braucht neue Reserven Texaco braucht unbedingt aussichtsreiche neue Bohrmöglichkeiten, die man im Getty–Bereich vermutete. Die eigenen Reserven innerhalb der USA neigen sich dem Ende zu. Deshalb war man offensichtlich bereit, Pennzoil entscheidend zu überbieten. Pennzoil–Liedke hielten dagegen. Man klagte als Betrieb mit 2,24 Milliarden Dollar Jahresumsatz auf einen Schadenersatz von 14 Milliarden und erhielt vor den heimatlichen Gerichtsschranken in Houston 10,5 Milliarden zugesprochen. Da hatte auch der Texaco–Einwand nicht gezogen, die ganze Klage sei absurd, weil ein Handschlag kein verbindlicher Vertrag sei. In Houston kam Pennzoil mit seiner Lesart durch, schriftliche Verträge seien „in der Branche nicht üblich“. Texaco ging natürlich in die Berufung und kämpfte mit Erfolg bei „seinem“ New Yorker Bundesgericht dagegen, eine Bürgschaft in Höhe der vorerst verhängten Strafe hinterlegen zu müssen. Die Kaution allein hätte Texaco nach Meinung von Mc Kinley in den Vergleich getrieben, hinterlegt werden mußte dann „nur“ eine Milliarde. Pennzoil eröffnete daraufhin ein zweites Verfahren: Nach Auffassung seiner Anwälte könnten New Yorker Richter nicht in ein in Houston/Texas schwebendes Verfahren eingreifen, während McKinley pauschal das texanische Gericht für „parteiisch“ befand und nicht mehr anerkennen wollte. Eine endgültige Entscheidung wird dieser Tage das Berufungsgericht in Texas fallen. Erwartet wird ein Spruch, nach dem Texaco zwischen einer und fünf Milliarden Dollar bezahlen muß. Ein Analyst dazu: „Der Unterschied zum erstinstanzlichen Urteil wäre der, daß Texaco mit einer statt mit drei Kugeln erlegt würde.“ McKinley tritt ab Unterdessen hat der Rechtsstreit Texaco an wichtigen unternehmerischen Entscheidungen gehindert. Pennzoil untersagte alles, was nach Vermögensumschreibungen roch, mit denen man der letztinstanzlich erfolgreichen Klage auf Schadenersatz vorbeugen könnte. Texaco hatte Anfang 1986 den Streit dadurch beilegen wollen, daß man kurzerhand den Rivalen Pennzoil aufkauft. Als Gerüchte über die Übernahme die Runde machten, schoß jedoch die Pennzoil–Aktie auf 83 Dollar hoch: Texaco konnte nicht mehr. Beide Seiten beschuldigten sich daraufhin der gezielten Indiskretion, und so bleibts dabei: Man steht auf zwei verschiedenen Seiten des Gerichts im Ölland Houston/Texas. Man darf gespannt sein, wie bei Texaco die „Nach–McKinley–Ära“ aussehen wird, wenn der Konzernlenker am 1. Januar in den Ruhestand geht.