Die Gunst der Stunde

■ Zum Tag der Menschenrechte

Von den Grünen bis zu Geißler: In der Vorweihnachtszeit werden sie den heutigen „Tag der Menschenrechte“ nutzen, Mitleid mit politisch Verfolgten in alle weiter weg, desto schlimmer. Dabei hat gerade die Bundesrepublik an den Menschenrechtsverletzungen in entfernten Ländern eine nicht unerhebliche Mitschuld. Die wichtigsten Kritikpunkte auch von Menschenrechts–Organisationen: Waffenhandel und Asylrecht. Der Zusammenhang beider Themenbereiche wirft ein besonderes Licht auf das perfide Vorgehen der Bundesregierung. Da werden, und das ist nur ein Beispiel, Riesensummen für die militärische Unterstützung des NATO– Partners Türkei ausgegeben und gleichzeitig den vom Regime in Ankara verfolgten Kurden und linken Türken kein Asyl in der BRD gewährt. Denn noch immer gilt hierzulande der Beschluß eines Oberlandesgerichtes, wonach Folter in der Türkei eher als „Folklore“ denn als politische Repression eingestuft wird. Die Situation der Menschen– und Bürgerrechte im eigenen Land spielt in den regierungsamtlichen Reden des heutigen Tages gar keine Rolle. Die beeindruckenden Fernsehbilder aus Südafrika oder Afghanistan lassen kaum mehr Platz für Diskussionen um Hochsicherheitstrakte, Isolationshaft oder das „übergroße Geschütz gegen eine ziemlich hilflose und wehrlose Ausländergruppe“ (UNO–Kommissar van Rooyen) zu. Während sich bereits gestern die Junge Union daran machte, Menschenrechtsverletzungen auch in Chile zu ihrem Thema zu machen, schweigt sich die Linke eher aus. Wenn dieser Tag der großen Reden einen Sinn ergeben sollte, dann doch nur, wenn die Gunst der ( Medien–)Stunde dafür genutzt wird, außer an Apartheid auch an Stammheim zu erinnern. Axel Kintzinger