Tag des alten Mannes

■ Lendl gewinnt Masters–Finale 6:4, 6:4, 6:4 gegen Becker

Er reißt sich an den Haaren, schlägt sich gegen Kopf und Beine. Aber er kann nicht Anhänger der Flagellanten sein, die in der Selbstkasteiung die Erfüllung suchen: Sein Gesicht spiegelt nicht Entzücken, sondern tiefe Verzweiflung. Was ihn eigentlich quält, ist die „Vorhandpeitsche“ (TV–Jargon) des „schrecklichen Ivan“. Der Tschechoslowake Lendl blockte mit einer konzentrierten Vorstellung am Dienstag in New York den Versuch von Boris Becker, neben der Bonus–Prämie von 550.000 Dollar weitere 100.000 für den Finalsieg in sein Steuerasyl Monaco zu schaffen. Dabei zeigt das Ergebnis längst nicht die Klarheit, mit der die Nr.2 vom führenden der Weltrangliste in die Schranken gewiesen wurde. Während Becker durchweg Mühe hatte, seine Aufschlagspiele zu gewinnen und in jedem Satz eines abgeben mußte, hatte er selbst keine einzige Breakchance. Sein Hauptproblem: „Ich kann nicht übers Netz spielen. Das ist zu schwierig für mich.“ Als sich Lendl von der Grundlinie als der Bessere erwies, versuchte der 19jährige Leimener, seine Taktik zu ändern, und rannte öfter Richtung Netz. Das brachte jedoch nur den Verlust weiterer Punkte (durch Passierschläge) und Haare (siehe oben). Selbst mehrere Schlägerwechsel und Wechsel des Blickkontaktes von Freundin Benedicte (erlaubt) zu Trainer Bosch (unerlaubt und geahndet) nutzten nichts mehr. Lendl (26) zu Becker: „Heute war noch einmal der Tag des alten Mannes.“ -thöm–