Lebenslänglich für Kapo gefordert

Berlin (taz) - Für den 74jährigen Rentner Otto Heidemann, der sich seit August vor dem Berliner Landgericht wegen mehrfachen Mordes an polnischen Mithäftlingen im Konzentrationslager Mauthausen–Gusen verantworten muß (siehe taz vom 11.12) beantragte die Staatsanwaltschaft gestern lebenslänglich. Heidemann hatte die Vorwürfe, als Kapo im Nahe des Lagers gelegenen Steinbruchs Kastenhofen zwischen 1940 und 42 zahlreiche ihm unterstellte Häftlinge sadistisch gequält und getötet zu haben, hartnäckig bestritten. Die lange Kette der Anklage ist mit den Plädoyers der Staatsanwaltschaft nun auf fünf Vorwürfe zusammengeschrumpft: Erwiesen habe sich jedoch, daß Heidemann 24 Menschen tötete, indem er sie den Abgrund hinunterwarf oder erschlug. Oberstaatsanwalt Priestoph, auf dessen Inititative hin die Ermittlungen gegen Heidemann 1983 wieder in Gang kamen, wertete den Prozeß „als eine Sühne für das Unrecht“, daß den Zeugen und all denen, die im KZ umkamen, wiederfahren sei: „Ganz gleich wie es ( das Verfahren ) ausgehen wird“. Der letzte NS–Prozeß in Berlin fand 1972 gegen zwei ehemlige SS–Leute, statt. Mit Heidemann stand überhaupt zum ersten Mal ein Kapo vor Gericht. Nach der Einstellung der Ermittlungsverfahren gegen die Mitglieder des Volksgerichtshofs, wird es auch der letzte NS–Prozeß in Berlin gewesen sein. Das Urteil für Heidemann, der seit Oktober 85 in Haft ist, wird am kommenden Donnerstag erwartet. plu