Wallmann strahlt: Sein erstes Gesetz

■ Strahlenschutzvorsorgegesetz wurde im Bundestag mit Koalitionsmehrheit verabschiedet / Opposition kritisiert Eile des Verfahrens / Grenzwerte steigen auf EG–Norm an / Strahlendaten sollen zentral in Bonn gesammelt werden / Grüne: Autoritäres Konzept

Von Axel Kintzinger

Berlin(taz) - Gegen die Stimmen von SPD und Grünen wurde gestern im Bundestag das Strahlenschutzvorsorgegesetz verabschiedet. Dieses erste von Bundesumweltminister Walter Wallmann (CDU) vorgelegte Gesetz soll nach Regierungsmeinung ein „Empfehlungs–Wirrwarr“ wie nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl verhindern. Die zentralen und gleichzeitig umstrittenen Punkte des Wallmann–Gesetzes: Angleichung und damit Erhöhung der Grenzwerte an die EG–Normen sowie Informations– und Verordnungsmonopol des Bundesministeriums. Den Landesumweltministern ist fortan nicht mehr erlaubt, Grenzwerte für die Strahlenbelastung eigenständig festzulegen. Strahlenmeßergebnisse dürfen nicht mehr von den Länderbehörden veröffentlicht werden - sie wer den zentral in Bonn gesammelt und ausgewertet. Obwohl Wallmann das genaue Grenzwertsystem erst nach der Bundestagswahl bekanntgeben will, lassen sich aus der Angleichung an die Normen der Europäischen Gemeinschaft darüber Schlüsse ziehen, was der Bevölkerung mit und ohne Störfall zugemutet wird. So steigt der zulässige obere Grenzwert etwa bei der Schilddrüse von 15.000 Millirem (mR) nach der bisherigen Verordnung auf 50.000 mR bei den EG–Normen. Obwohl die ursprüngliche Vorlage an 40 Punkten geändert wurde, bleibt nach Ansicht des umweltpolitischen Sprechers der SPD, Schäfer, nur ein positiver Aspekt dieses Gesetzes: die Einrichtung eines Meßnetzes für radioaktive Strahlen. Die Grünen– Abgeordnete Hönes nannte das Konzept „autoritär und zentralistisch“. Kritik von SPD und Grünen: Wallmann habe das Gesetz durch die Gremien „gejagt“. Kommentar Seite 4