Südafrikas Zensoren spitzen die Feder

■ Das Apartheidregime führt Vorzensur ein / Betroffen sind alle Medien / Gewerkschaften, Kirchen: Letzter Schritt zur „totalitären Diktatur“

Von Hans Brandt

Johannesburg (taz) - In Südafrika ist endgültig die Vorzensur eingeführt worden. In gestern veröffentlichten, neuen Ausnahmebestimmungen ist vorgesehen, daß in Zukunft alle Berichte über „Unruhen“ oder sogenannte „subversive Aussagen“ vor der Veröffentlichung den Zensoren in Pretoria vorgelegt werden müssen. Dabei wurde die Definition dessen, was als „Unruhe“ und als „subversive Aussage“ gilt, noch weiter gefaßt als bisher. Letztendlich ist jede Kritik an der südafrikanischen Regierung und am Apartheid–System verboten. Die Existenz einer landesweiten Opposition gegen die Apartheid soll totgeschwiegen werden. Selbst die Tatsache der Zensur darf nicht angedeutet werden. Betroffen sind alle Medien: Zeitungen, Fernsehen, Radio und Auslands korrespondenten. Höchststrafen für eine Übertretung sind Geldstafen bis 20.000 Mark und/oder Haftstrafen bis zu 10 Jahren. Auslandskorrespondenten droht die Ausweisung. Der Korrespondent der Los Angeles Times, Michael Parks, wurde schon vor der Bekanntgabe der neuen Zensurmaßnahmen angewiesen, das Land bis Ende dieses Jahres zu verlassen. Journalisten, Oppositionspolitiker, Kirchen und Gewerkschaftsvertreter reagierten mit Entrüstung und Wut auf die neuen Zensurbestimmungen. Für sie alle ist Südafrika endgültig zur totalitären Diktatur geworden. Selbst die rechtsliberale Johannesburger Zeitung „Business Day“ kommentierte, daß Südafrika nun endgültg zum „totalitären Lager“ gehöre. Ein Sprecher der anglikanischen Kirche nannte die südafrikanische Regierung ein „autoritäres Regime der schlimmsten Art“, das Angst davor habe, daß die Bevölkerung über die Ereignisse im Lande informiert wird. Azhar Cachalia, Schatzmeister der Vereinigten Demokratischen Front (UDF) kommentierte: „Die Regierung bereitet sich auf die vollkommene Ausmerzung aller demokratischen Kräfte vor.“ Ein Sprecher des Kongresses südafrikanischer Gewerkschaften interpretierte die neuen Maßnahmen als Zeichen dafür, daß der Ausnahmezustand nicht die von Pretoria gewünschte Wirkung gezeigt habe. Schon seit Verhängung des Ausnahmezustandes in Südafrika vor sechs Monaten ist die Berichterstattung über Anti–Apartheid– Proteste erheblich eingeschränkt. Doch Pretoria war mit dem Erfolg dieser Einschränkungen nicht zufrieden. Fortsetzung auf Seite 6 Geärgert hat sich die Regierung vor allem über die alternative Presse. So haben sich die Weekly Mail und die von der katholischen Bischofskonferenz finanzierte New Nation während des Ausnahmezustandes in ihrer Berichterstattung auf Unruhen und Pro testaktionen gegen das Apartheid–System konzentriert. Damit haben sie sich aus der Sicht Pretorias an dem „vielseitigen und gut koordinierten revolutionären Anschlag“ gegen das Land beteiligt. Anfang dieser Woche hatten Regierungsminister deshalb Druck setzt. Doch die Verleger waren nicht bereit, insgeheim mit der Regierung zusammenzuarbeiten. Wenn Pretoria die Pressezensur noch verschärfen wolle, so teilten sie der Regierung mit, dann müsse dies für alle Medien gelten. Das ist nun geschehen.