„Am späten Abend, so ein bißchen unter uns“

■ Große Anfrage der Unions–Frauen zur „Situation der Frauen“ fand im gähnend leeren Plenarsaal statt / Süssmuth spricht von Verbesserungen / Antidiskriminierungsgesetz der Grünen tabu / Antje Huber (SPD) hielt gepfefferte Abschiedsrede

Aus Bonn Tina Stadlmayer

Nach einem anstrengenden Sitzungstag im Parlament verlassen die meisten Abgeordneten den Plenarsaal. Außenminister Genscher klemmt sich den Aktenordner unter den Arm und schlendert hinaus. Die Regierungsbank ist verwaist und im Plenum sitzen nur noch einige Damen. Aber halt, da war doch noch was? Genau, es ist 18 Uhr 15 - die „Frauendebatte steht auf dem Programm“. Die Unionsfrauen haben durch ihre „Große Anfrage zur Situation der Frauen“ der Regierung Gelegenheit gegeben, ausführlich darzustellen, daß alles ganz prima ist. Und so verkündete „Frauenministerin“ Süssmuth, ohne mit der Wimper zu zucken: „Wir haben konsequent bei schwieriger Finanz– und Arbeitsmarklage die Situation der Frauen schrittweise verbessert“. Als Argumente führt sie Erziehungsgeld und Erziehungsurlaub sowie das Programm „Mädchen in Männerberufen“ an. Zum Antidiskriminierungsgesetz der Grünen äußert sie sich nur sehr vage: „Ich denke, daß es bei der Frage der Antidiskriminierung sicherlich eine Reihe von gemeinsamen Punkten gibt. Ich bleibe dabei, wir werden mit Frauenförderplänen, auch mit dem, was wir parteilich durchsetzen, unsere Anteile auch in der Politik konsequent verbessern. Unsere Bilanz kann sich sehen lassen.“ Letzteres wird sie wohl ironisch gemeint haben, denn der Frauenanteil der CDU/CSU– Fraktion wird sich peinlicherweise im Gegensatz zu allen anderen Fraktionen nicht erhöhen. Die Vorsitzende der CDU/CSU Frauengruppe, Ursula Männle, setzt das Eigenlob fort: „Man sieht deutlich, welche Fortschritte wir erreicht haben. Benachteiligungen, insbesondere der Mütter, wurden abgebaut. Auch das Bewußtsein der Frauen hat sich ent scheidend geändert. Sie wollen nicht mehr Adressat von Politik sein, sie wollen selbst mitgestalten.“ Ihre Parteikollegin Doris Pack ergänzt: „Das Interesse junger Frauen an gewerblich–technischen Berufen hat zugenommen. Wir fördern Fernlehrgänge zur Software–Assistentin, zur Kommunikationsassistentin und zur Computer Manufacturing Assistentin.“ (Warum eigentlich immer nur zur Assistentin?) Genau hier setzt dann auch die Kritik der Grünen Hannegret Hönes an: „Für die jüngste Frauengeneration droht das berufliche Aus gleich vor der Berufsausbildung. Zwei Drittel aller nichtvermittelten Ausbildungsplatzsuchenden sind Mädchen. Von denen, die sich am Modellversuch „Mädchen in Männerberufen“ beteiligten, ging anschließend jedes zweite leer aus.“ Das Antidiskriminierungsgesetz der Grünen bezeichnete sie als die „umfassende und überfällige Antwort“ auf die Diskriminierung der Frauen in allen gesellschaftlichen Bereichen. Leider äußert sich keine der Rednerinnen der anderen Parteien ausführlich zu diesem Gesetzesentwurf. Die SPD–Frauen enthalten sich jeder Stellungnahme, obwohl die Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen, Inge Wettig–Danielmeier, den grünen Entwurf in einer SPD–Zeitung bereits ausdrücklich gelobt hatte. Irmgard Adam–Schwätzer, die Alibifrau der FDP (offiziell ist in der Fraktion der Abgeordnete Norbert Eimer für Frauenpolitik zuständig) verkündet in der Debatte: „Im Hauptteil des Gesetzes vermögen wir Ihnen wirklich nicht zu folgen. Quotierung von 50 Leben halten wir für einen Irrweg. Wissen Sie, ich kann gut damit leben, daß nicht 50 Familienministerin Antje Huber den versammelten Frauen (und den paar Männern) auf ihre schnoddrige Art „hinsemmelt“. Leider ist inzwischen schon fast niemand mehr anwesend. Selbst die sechs oder sieben Grünen (als einzige Frau: Uschi Eid) sind wohl nur noch wegen der anschließenden U–Boot–Debatte da. Auf einen hämischen Zwischenruf von rechts „Die Grünen sind bei der Frauendebatte nur mit einer Frau vertreten!“ - kontert Jo Müller: „Und wo sind Ihre Männer?“ Tatsächlich sitzt nur noch ein einziger CDU–Mann im Saal. So meint denn auch Antje Huber: „Wir reden noch einmal über Frauen - ohne Fernsehen am späten Abend, so ein bißchen unter uns.“ Dann aber langt sie voll hin: „Millionen alter Frauen büßen heute mit kleinen Renten dafür, daß sie als Mädchen geringe Berufschanchen und als Frauen kein Einkommen hatten.“ Dann geht sie mit der Arbeitsmarkpolitik der Regierung ins Gericht: „Was für ein wunderbarer Marktpartner ist doch die Frau: Als Käuferin umworben, als Arbeitskraft von unaufdringlicher Flexibilität, die sparen hilft, indem sie sich aufs Lückenfüllen beschränkt oder auf traute Heimcomputerplätze aus ist. Bescheiden, billig und angepaßt, so haben Frauen wieder Chancen.“ Der Vizepräsident dankt ihr am Ende für die „streitbare Rede“, die gleichzeitig ihre Abschiedsrede war. Dagegen die kleinliche Verbohrtheit der CDU– Abgeordneten Roswitha Verhülsdonk: „Ich konnte eben nicht klatschen, als Ihnen der Präsident gedankt hat. ich finde es persönlich schade, daß Sie sich mit einer unsachlichen, die Wirklichkeit verzerrenden Rede aus dem Deutschen Bundestag verabschieden.“