Wird Kamerun wieder deutsch?

■ Erste bundesdeutsche Leistungsschau in Kamerun / Das Musterländle in Schwarz–Afrika ist ein umkämpfter Markt / Beim Konkurrenzkampf der ehemaligen Kolonialmächte schneiden die Deutschen gut ab.

Aus Jaunde von Thomas Mösch

Fast genau 70 Jahre nach dem Fall der letzten kaiserlichen Garnison in Kamerun schicken sich die Deutschen an, dieses zentralafrikanische Land zurückzuerobern. Allerdings kommen sie diesmal nicht mit Soldaten und Kanonen, sondern mit Mercedes–Stern und PAL–System. Über 90 bundesdeutsche Industrie– und Handelsunternehmen fielen Mitte November in der kamerunischen Hauptstadt ein, um an der ersten Wirtschaftsausstellung der BRD in Schwarzafrika teilzunehmen. Ein Großeinsatz, mit dem die bundesdeutsche Industrie ihren Willen bekräftigt, den Platz an der afrikanischen Sonne nicht kampflos den Briten und Franzosen zu überlassen. In einer Zeit, in der die afrikanischen Märkte insgesamt nicht mehr sonderlich wachsen, geht es immer mehr darum, den Konkurrenten Terrain abzujagen. Kamerun bietet sich da in mehrfacher Hinsicht als Ausgangspunkt an. Von hier aus läßt sich der gesamte zentralafrikanische Markt erschließen. Kamerun ist das bei weitem wirtschaftlich stärkste Land der zentralafrikanischen Zoll– und Währungsgemeinschaft UDEAC. Es bietet außerdem, nach dem wirtschaftlichen Niedergang der Elfenbeinküste und Nigerias, den aussichtsreichsten Markt Schwarzafrikas. Es ist reich an Bodenschätzen wie Erdöl, Bauxit und Uran (!), ist nicht stark verschuldet, ernährt sich selbst und exportiert sogar Nahrungsmittel. Und da Kamerun außer den verschiedensten Bodenschätzen noch über international begehrte pflanzliche Rohstoffe wie Kaffee und Baumwolle verfügt, ist die Gefahr eines Zusammenbruchs nach dem Erdöl–Boom weniger groß als zum Beispiel in Nigeria. Hinzu kommt die sogenannte „politische Stabilität“. Seit der Unabhängigkeit im Jahre 1960 waren Putschversuche so selten wie in kaum einem anderen Land Afrikas. Geglückt ist keiner. Die Oppositionsführung sitzt entweder im Gefängnis oder im Exil. Dies und die offizielle Politik des „geplanten Liberalismus“, die dem ausländischen Investor sehr entgegenkommt, machen Kamerun so attraktiv, daß es innerhalb weniger Jahre zum zweitwichtigsten Handelspartner der BRD in Schwarzafrika aufgestiegen ist. Außerdem gibt es nur in wenigen Ländern ein dermaßen positives emotionales Verhältnis zu allem Deutschen. Nicht von ungefähr kommt die abgegriffene Formel vom gemeinsam zurückgelegten Stück Geschichte in jeder Rede eines bundesdeutschen Vertreters vor, sei es beim Staatsbesuch des kamerunischen Präsidenten Paul Biya im September in der BRD, sei es jetzt während der Ausstellung in Jaunde. Aber auch die Kameruner berufen sich gern auf diese „gemeinsame Vergangenheit“. Mit Stolz weisen sie jeden Deutschen auf architektonische Relikte aus der Zeit vor 1914 hin. Und auch der Massenandrang auf der Wirtschaftsausstellung (über 100.000 Besucher) zeugt von dieser Sympathie. Daimler Benz, mit dem größten Stand auf der Messe vertreten, hatte innerhalb weniger Tage sämtliche Ausstellungswagen verkauft. Neben Magirus–Iveco ist die bundesdeutsche Nobelmarke seit 30 Jahren der einzige KFZ–Produzent der BRD auf dem kamerunischen Markt. 25 Prozent aller in Kamerun verkauften LKW über sechs Tonnen tragen den Stern, die Armee fährt Unimog und in der Oberschicht ist Mercedes Pflicht. Ebenso wie bei Siemens, Bosch und anderen in Kamerun vertretenen Firmen, wird auch bei Daimler Benz das Geschäft mit Schwarzafrika nicht durch ihr Engagement in Südafrika beeinflußt. Darüber spricht man einfach nicht. So hat Siemens den Auftrag für den Auf– und Ausbau des Anfang des Jahres eingeführten Fernsehens an Land gezogen. Ein Millionengeschäft. Natürlich wird das deutsche PAL–System benutzt. Und auch das im Ausbau befindliche kamerunische Fern–Telefonnetz kommt aus München. Hoechst wiederum versorgt von Kamerun aus schon seit 1968 den zentralafrikanischen Markt mit Farben für die bunten afrikanischen Stoffe, mit Kunststoffen und Chemiedünger. Und die Flugzeugbauer von Dornier hoffen nach dem Verkauf von drei Militärmaschinen an die kamerunische Marine auch auf zivile Aufträge. Doch es sind nicht nur Großunternehmen, die den noch immer riskanten Schritt nach Afrika wagen. So will etwa die in Ahrensburg bei Hamburg sitzende Firma Joh. Friedrich Behrens, die druckluftbetriebene Werkzeuggeräte für Handwerksbetriebe herstellt, mit der Jaunder Ausstellung ganz neu ins Afrika–Geschäft einsteigen. Sie hatte mit ihrer Präsenz dort offensichtlich genau den richtigen Punkt getroffen, war sie doch einer der wenigen Aussteller, die auch den normalsterblichen Kameruner ansprachen. Tischler, Schuster usw. gibt es in den Städten Kameruns nämlich an jeder Ecke und für DM 6.000 kann man sich schon eine Grundausstattung kaufen. Entsprechend volle Auftragsbücher konnte der Firmenvertreter wieder mit nach Hause nehmen. Ob auch die Kameruner zufrieden sein können, wird sich erst in Zukunft zeigen. Ihre sehr hohen Erwartungen lassen jedoch ein böses Erwachen befürchten. Noch gibt es nur wenige Projekte, an denen Kameruner Firmen mitverdienen können. Einen besonderen Verkaufserfolg konnte auf der Ausstellung übrigens die Krupp– Tochter Total–Walther verbuchen. Vier Wasserwerfer hat die kamerunische Gendarmerie geordert. Wie einst zu Kaisers Zeiten können dann Unruhen wieder mit deutscher Gründlichkeit beigelegt werden. Liebe Rätselgemeinde, die Tage werden kürzer, das Jahr neigt sich dem Ende zu. Und so warten wir immer gespannter auf den Januar, wenn denn zum ersten Mal das taz–Rätsel mit Computerhilfe erstellt wird, wovon wir uns dann weniger „Abk.“ und „x“ erhoffen. Derweil müssen wir uns noch mit handgestricktem weiterhelfen. Zu den Spielregeln: Den ausgesetzten Preis (2 x Piore/ Saebel, Das Ende der Massenproduktion, 376 S., Wagenbach–Verlag) können wir gewinnen, wenn wir das Lösungswort auf eine Postkarte schreiben. Dazu reihe man die Buchstaben aneinander, die in die Kästchen mit den im Quadrat befindlichen Zahlen gehören. Einsendeschluß (und Auflösung) ist diesmal am 2.3.1987: taz– Wirtschaftsredaktion, Wattstr. 11–12, 1000 Berlin 65, Rechtsweg ausgeschlossen