Studenten in Rom eingekesselt

■ Nach dem Verbot einer Demonstration gegen die Erziehungsministerin versammelten sich die Studenten auf dem Campus / Die Polizei schoß mit Tränengas / Die Studenten warfen Steine und bauten Barrikaden

Aus Rom Werner Raith

Entweder haben Roms Regierende die Nachrichten aus Frankreich nicht gehört, oder sie wollen unbedingt dieselbe Erfahrung wie Chirac machen: Eine für gestern angesagte Demonstration gegen die Bildungspolitik wurde verboten, obwohl die Organisatoren - mehrere linke Jugendorganisationen, voran die der Kommunisten - die Friedlichkeit mit mehreren tausend Ordnern garantieren wollten. Erfolg: Gestern versammelten sich einige tausend Studenten und Schüler auf dem Campus in Roms Innenstadt und berieten weitere Schritte gegen die Politik von Erziehungsministerin Faloucci, die nahezu kein reaktionäres Fettnäpfchen ausläßt - von der überfallartigen Einführung des Religionsunterrichts als Schulfach bis zur Rückwärts–“Reform“ bei den Gymnasien. Unter den Studenten waren einige Dutzend sogenannte „Autonome“, deren Militanz alsbald Schützenhilfe bekam - von der Polizei. Die ließ zwei Hubschrau ber über dem Unigelände kreisen, zog den Belagerungsring immer enger und schoß dann mit Tränengas. Ein Steinhagel antwortete, nach zwanzig Minuten verbarrikadierten sich etwa dreihundert Studenten und Schüler hinter und in den Gebäuden. Daß jetzt die Ordner den Militanten hilflos gegenüber standen, war abzusehen - und wohl auch von der Polizei beabsichtigt. Zusätzlichen Zoff gab es, als die Sozialisten–Jugend, die seit Monaten gegen alles ist, was der PCI–Nachwuchs unternimmt, sich auch jetzt nicht mit den Eingekesselten solidarisierte. Leidtragende waren ausgerechnet die paar Dutzend Sozialisten–Eleven, die zur Manifestation gekommen sind - erkannt, wurden sie ohne langes Fragen gehetzt und keineswegs nur von „Autonomen“. Zur Beruhigung der Lage trug am Nachmittag dann wohl weniger die Polizei als das kühle Wetter bei. Daß die Franzosen ihren Protest - dem man in Rom nacheifern möchte - in den Winter gelegt haben, wird von vielen hier schon als arge Zumutung gewertet.