Kein heißer Sonntag in Erlangen

■ 1.000 AKW–Gegner beim verbotenen Waldspaziergang am Gelände der KWU / Objektschutz für alle Siemens–Gebäude / Erlangen in der Hand der Polizei / Demonstranten amüsiert über riesiges Polizeiaufgebot

Aus Erlangen Bernd Siegler

Nur etwa 1.000 AKW–Gegner spazierten am Sonntag um das Erlanger Gelände der Kraftwerk Union (KWU). Starke Polizei– und Bundesgrenzschutzeinheiten aus Bayern und Niedersachsen erlebten so nicht den „heißen Sonntag“, der von der Erlanger Polizei herbeigeredet worden war. Sämtliche Siemens–Gebäude (die KWU gehört zum Siemens–Konzern) - und damit fast ganz Erlangen - erhielten Objektschutz, ein Hubschrauber zog seine großräumigen Kreise über die Stadt, das KWU–Gelände selbst war in Händen der Polizei. Die Demonstration sowie sämtliche Ausweichkundgebungen waren zunächst auf Weisung des bayerischen Innenministeriums vom Sicherheits– und Sozialreferenten der Stadt Erlangen mit Hinweis auf das Verbot der Bundeskonferenz der Anti–AKW–Initiativen, das u.a. mit der Planung eines Aktionstages gegen die KWU begründet worden war, verboten worden. Sowohl die Sicherheit der Erlanger Bürger als auch die des auf dem KWU–Gelände „für Forschungszwecke“ gelagerten spaltbaren Materials sei „massiv gefährdet“. Das Verwaltungsgericht im fränkischen Ansbach hatte diesen Bescheid ebenso wie der bayerische Verwaltungsgerichtshof in München bestätigt. In die Urteile flossen jeweils von der Polizei nachgeschobene „neue Erkenntnisse“ mit ein. So soll der Polizei von anonymer Seite ein Flugblatt mit handschriftlichen Vermerken zugesandt worden sein, das Bombenanschläge und Aktionen gegen Strommasten angekündigt hatte. Drei Molotow– Cocktails in unmittelbarer Umgebung des KWU–Geländes und zwei vor einem Siemens–Gebäude in der Innenstadt - jeweils in Plastiktüten bereitgestellt - will die Polizei in der Nacht zum Freitag und Samstag sichergestellt haben. Offenbar wurden die starken Polizeieinheiten Opfer der Scharfmacherei ihrer eigenen Polizeiführung. Sowohl ihr massives Auftreten als auch die Ausrüstung z.B. mit Leuchtgiraffen und Feuerlöschern wurde von den Demonstranten, die bei strahlendem Sonnenschein ihren Spaziergang absolvierten, belacht. Während des Waldspazierganges wurden Flugblätter beschlagnahmt, die den am 21. Janauar anstehenden Prozeß gegen das Anti–AKW–Magazin Radi–Aktiv angekündigt hatten. Gegen 16 Uhr trafen sich die AKW–Gegner zu einer Kundgebung auf dem Marktplatz, die bei Redaktionsschluß noch nicht beendet war. Ein Demonstrant wurde wegen des Tragens eines Transparentes verhaftet.