: Hessen will Tempolimit einführen
■ Großversuch auf Autobahnen erfolgreich / Unfälle mit Todesopfern besonders stark zurückgegangen / Ab Februar Tempo 100 und 120 km/h auf diversen hessischen Autobahnen / Kein generelles Limit
Von Klaus–Peter Klingelschmitt
Wiesbaden (taz) - „Deutliche Ergebnisse“ erbrachte der Tempolimit–Großversuch, den das hessische Ministerium für Wirtschaft und Verkehr seit November 84 auf drei südhessischen Autobahnabschnitten hatte durchführen lassen. Wie Wirtschaftsminister Ulrich Steger mitteilte, bestünden „keine Zweifel mehr daran, daß die Einführung des Tempolimits geeignet ist, die Unfallzahlen drastisch zu reduzieren“. Das von der Technischen Hochschule (TH) Darmstadt im Auftrag des Ministeriums erstellte Gutachten zum Großversuch gibt Auskunft dar über, daß im Untersuchungszeitraum - trotz gleichzeitigem Ansteigen der Unfallzahlen auf anderen Autobahnen - die Unfälle auf der A5 (Damstadt–Landesgrenze), der A66 (Frankfurt– Wiesbaden) und der A661 (Offenbach–Egelsbach) um bis zu 22 Prozent zurückgingen. Besonders positiv habe sich die Geschwindigkeitsbeschränkung auf die Folgen von Unfällen ausgewirkt. Allein die Unfälle mit Toten und Schwerverletzten hätten sich um bis zu 58 Prozent verringert. Vor dem Hintergrund dieser Zahlen kündigte Minister Steger für den Februar 87 eine Neukonzeption für das gesamte hessische Autobahnnetz an. Dabei - so Steger mit Blickrichtung Bonn - werde man die Ergebnisse des Großversuchs nicht dazu „mißbrauchen“, um in Hessen generell Geschwindigkeitsbegrenzungen auf Tempo 100 km/h oder Tempo 120 km/h einzuführen. Steger: „Die Straßenverkehrsordnung wird von uns exakt gehandhabt.“ Mit einer „einzelfallbezogenen Begrenzung“ will Steger einer möglichen „Kollision“ mit dem Bundesverkehrsminister ausweichen, der - bei genereller Einführung des Tempolimits - sein Veto bereits angekündigt hatte. Über die Quantifizierung dieser „einzelfallbezogenen Beschränkungen“ mochte Minister Steger in den letzten acht Wochen insgesamt vierzehn weitere Autobahnabschnitte in Hessen mit Tempobegrenzungen versehen hat, fordern die Grünen im hessischen Landtag weiter eine „flächendeckende Ausweisung“ für das Tempolimit. Der verkehrspolitische Sprecher der Grünen, Dirk Oblong, warf der Bundesregierung vor, den „Tod Tausender von Menschen“ ebenso billigend in Kauf zu nehmen, wie das „Sterben der Wälder“. Die Bundesregierung sei insbesondere auch deshalb zum Handeln aufgerufen, weil sowohl die Einführung des Katalysatorautos als auch die Einführung des bleifreien Benzins „ein Flop“ gewesen sei.
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