: Richterwahl beim BVerfG
■ Grüne kritisieren die Besetzungspraxis für das BVerfG Forderung nach einem neuem Auswahlverfahren
Aus Bonn Matthias Geis
Die Grünen im Bundestag fordern einen anderen Wahlmodus für die Besetzung des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfG), da sie das derzeitige Auswahlverfahren für undemokratisch und verfassungsrechtlich bedenklich halten. Die bevorstehende Neubesetzung von sechs der 18 Richterstellen beim BVerfG im kommenden Jahr ist Anlaß des grünen Fraktionsbeschlusses, den Christian Ströbele und Otto Schily gestern vor der Presse erläuterten. Die bisherige Besetzungspraxis findet laut Schily in einer „verfassungsrechtlichen Grauzone“ statt, da die Richter am BVerfG nicht vom Bundestag und Bundesrat ausgewählt würden, wie Art. 34 des Grundgesetzes es vorschreibt. Die Benennung der Kandidaten durch eine Arbeitsgruppe der großen Fraktionen bzw. eine „Komission“ der Länderjustizministerien halten die Grünen nicht länger für akzeptabel, weil der Wahlmännerausschuß (MdBs und Bundesrat) diese Entscheidung nur noch nachvollziehe. Dadurch würden die Richter faktisch von einzelnen Personen aus den großen Parteien benannt. Die „Auswahl der Kontrolleure durch die Kontrollierten“ nannte Schily den Entscheidungsvorbehalt, den Kanzler Kohl bei der Richterwahl für sich beanspruche. Demgegenüber fordern die Grünen ein „Wahlverfahren, das der Bedeutung des Richteramtes am Bundesverfassungsgericht und dem Sinngehalt des Grundgesetzes gerecht wird“. Gewährleisten soll dies ein öffentliches Anhörungsverfahren der Bewerber und die Direktwahl der Richter durch Bundestag und Bundesrat. Damit wollen die Grünen verhindern, daß wie bisher ganze Fraktionen von der Richterwahl ausgeschlossen werden. Im jetzigen Wahlgremium sind keine Grünen vertreten. Zur Durchsetzung ihrer Forderungen stellten sie einen Gesetzesantrag in Aussicht. Rechtliche Schritte hält man derzeit nicht für erfolgreich. „Ganz sachte“ hingegen wollen die Grünen einer „anderen Rechtstradition“ im überwiegend konservativ geprägten BVerfG zum Durchbruch verhelfen: Für eine der Richterstellen nominierten sie den Bremer Staatsrechtsprofessor Ulrich K. Preuss.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen