Börners Vertrauen zu Fischer

■ Der hessische Regierungschef weist den Rücktrittsantrag der CDU gegen Fischer zurück / Fundamentalist Jan Kuhnert stimmt mit den Christdemokraten und der FDP ab / Abstimmungsergebnis noch unklar

Von Klaus–Peter Klingelschmitt

Wiesbaden (taz) - Ein kämpferischer Ministerpräsident Holger Börner wies im hessischen Landtag die von der CDU geforderte Abberufung des Staatsministers Joschka Fischer scharf zurück. Umweltminister Fischer, so Börner, sichere mit seinem Engagement für eine ökologische Erneuerung der Industriegesellschaft vielmehr die Zukunft der hessischen Wirtschaft. Daß ein grüner Minister in Wiesbaden am Kabinettstisch sitze, so Börner weiter, symbolisiere das Angebot auf politische Integration an die Bürger, die sich zum Teil protestierend gegen diesen Staat ge wandt hätten und an seiner Reformfähigkeit zweifelten: „Minister Fischer symbolisiert vor allem auch, daß wir in Hessen bereit sind, uns den langfristigen ökologischen Strukturproblemen der modernen Industriegesellschaft zu stellen, wobei wir uns über den Zeithorizont der Lösung der anstehenden Probleme keine Illusionen machen.“ In ungewöhnlicher Schärfe ging der Regierungschef auch gegen die chemische Industrie vor. Sie habe die unumstrittene Verpflichtung, mehr als bisher ihre Mittel für die Sicherheit der Bevölkerung und der Arbeitnehmer vor den Gefahren der Chemie einzusetzen: „Es geht nicht an, daß für die Aktionäre die Dividende da ist und für den Staat die Müllbeseitigung und die Gefahrenabwehr.“ In diesem Zusammenhang, so Börner, sei Minister Fischer um seine Aufgabe nicht zu beneiden, denn er habe die Interessen sehr kitischer Bürger zu vertreten, müsse dem hohen Erwartungsdruck Genüge tun, habe einen komplizierten administrativen Apparat zu steuern und sei im ersten Amtsjahr mit einer wachsenden Ballung ökologischer Probleme konfrontiert worden. Der Ministerpräsident erklärte, daß die Landesregierung in Sachen Sondermüllentsorgung an der Deponie Mainhausen festzuhalten gedenke. Rund vier Stunden vor der Debatte um die Entlassung Fischers hatte der fundamentalistische Abgeordnete der Grünen, Jan Kuhnert, in einer Pressekonferenz deutlich gemacht, daß er mit CDU und FDP für die Ablösung des „gescheiterten Ministers“ votieren werde. Kuhnert: „Der Entlassungsantrag gegen Joschksa Fischer greift den lautstarken Unmut über die Fehlleistungen und das inhaltliche Scheitern Fischers auf, der ja bis weit hinein in die sogenannte realpolitische Strömung in den Grünen verbreitet ist.“ Sowohl die erwartete Fischer–Rede als auch die Abstimmung über den CDU–Entlassungsantrag gingen erst nach Redaktionsschluß über die Landtagsbühne.