Reagans „Cowboys“ müssen gehen

■ Waffenhändler im Weißen Haus bestätigen Kriegshilfe auch für den Irak / Reagans neuer Sicherheitsberater will seine „Cowboys“ auswechseln / Stabschef Donald Regan stellt sich den Senatoren / CIA–Chef William Casey statt zum Verhör ins Krankenhaus

Berlin (taz) - US–Regierungsbeamte haben am Dienstag bestätigt, daß der CIA seit rund zwei Jahren den Irak mit Geheiminformationen wie Satellitenfotos versorgt hat. Die „abgeklärte“ Begründung der Reagan–Mafia für ihre heimliche Unterstützung beider Seiten im Golfkrieg zwischen Iran und Irak - der Sieg einer Seite hätte unter allen Umständen verhindert werden müssen - macht in einer seltenen Klarheit deutlich, was selbst die desillusioniertesten Beobachter der skandalträchtigen Weltpolitik nicht ohne weiteres eingestanden hätten: es geht ums nackte Geschäft. Ein Narr, wer hinter dem Waffenhandel nur ein raffiniert gesponnenes Komplott gegen die Feinde Amerikas witterte. Die Wahrheit scheint viel banaler: Reagan und seine Freunde können einfach nicht genug kriegen. Sie verschoben legal und illegal Waffen, sowohl um die Konfliktparteien in der Dritten Welt bei Stimmung zu halten und den Absatz ihrer Produkte längerfristig garantieren zu können, als auch, um die Einnahmen aus dem gut gehenden Geschäft zur Aufbesserung der eigenen „kargen“ Gehälter zu verwenden oder - wie die US–Zeitung Lowell Sun meldete - um den Wahlkampf konservativer Kandidaten im Senatswahlkampf im November zu finanzieren. Außerdem soll ein Teil des Geldes zur Bildung einer Kampagne gegen Mittelamerika–Solidaritätsgruppen benutzt worden sein. Während sich die von den US–Medien ausgegrabenen Ungeheuerlichkeiten überschlagen und die amerikanische Öffentlichkeit unter Realitätsschock steht, suchen die Waffenhändler mit Sitz im Weißen Haus nach weiteren Sündenböcken. Der neue Leiter des US–Sicherheitsrates, Carlucci, will den größten Teil der Mitarbeiter des Präsidenten–Beraterstabs in den kommenden Wochen auswechseln. Die „Mittelmäßigkeit“ der Mehrzahl der „Cowboys“, wie die etwa 50 Mitarbeiter im Sicherheitsrat genannt werden, habe ihn schokkiert. Als erstes Opfer des angeblichen Säuberungsprozesses mußte der Leiter der politisch– militärischen Abteilung im Sicherheitsrat, Teicher, gehen. Teicher hatte Berichten der israelischen Tageszeitung Jerusalem Post zufolge im Mai den früheren Sicherheitsberater McFarlane auf dessen Geheimmission nach Teheran begleitet. Der Berater wurde am Dienstag vor dem Geheimdienstausschuß des Senats verhört. Auch Stabschef Regan stellte sich den Senatoren. Den Bemühungen des Kongresses, die Hintergründe des Rüstungsgeschäft aufzuklären, war bislang jedoch nur wenig Erfolg beschert. Während es den Drahtziehern Poindexter und North plötzlich die Sprache verschlagen hat, wurde CIA–Chef Casey kurz vor seinem Verhör wegen einer mysteriösen Krankheit in eine Klinik eingeliefert. Michael Fischer Kommentar auf Seite 4 Siehe auch Seite 6