Hertie Hameln: Gericht untersagt Schließung

■ Der Kaufhauskonzern soll erst seinen Vertrag mit der Stadt erfüllen

Von Bettina Courant

Hannover (taz) - Die Schließung der Hertie–Filiale in Hameln - ursprünglich schon zum 30. Juni 1986 geplant - droht für den Frankfurter Kaufhauskonzern ein teures Vergnügen zu werden. 500.000 Mark Ordnungsgeld oder eine „an den Geschäftsführern zu vollziehende Ordnungsstrafe bis zu sechs Monaten“ hat das Landgericht Hannover für den Fall angedroht, daß Hertie vor dem Jahre 2008 in Hameln dichtmacht. Im Rahmen seiner „Gesundschrumpfung“ hatte Hertie die Hamelner Filiale mit 280 Beschäftigten schließen wollen, ebenso wie die Häuser in Braunschweig, Bremen, Bremen–Vegesack, Göttingen, Osnabrück, Ratingen und Hilden. In Hameln und Hilden stieß der Konzern mit seinen Plänen jedoch auf Widerstand: Die Stadt Hameln klagte; in Hilden wird noch verhandelt. Wegen der vergleichbaren Rechtslage will Hertie wohl abwarten, wie der Streit mit Hameln ausgeht. Als Hertie im Mai dieses Jahres beim Landesarbeitsamt Massenentlassungen beantragte, erwirkte die Stadt Hameln umgehend beim Landgericht eine einstweilige Verfügung gegen die geplante Schließung. Denn vor der Eröffnung des Kaufhauses in der Hamelner Altstadt im August 1978 hatte sich Hertie verpflichtet, das Haus mindestens zehn Jahre lang als vollsortiertes Kaufhaus zu betreiben. Dem Vertrag zufolge darf Hertie die Filiale nur aufgeben, wenn eine „gleichwertige Kaufhausgesellschaft“ als Nachfolgerin einsteigt. Andernfalls, fürchtet die Stadt, ginge Hamelns Bedeutung als Einkaufszentrum für das Umland zurück - von den arbeitslosen Hertie–Angestellten ganz zu schweigen. Als Vorleistung hatte die Stadt damals 1,3 Millionen Mark für das Baugrundstück und den erforderlichen Umbau des Marktplatzes zugeschossen. Vor dem Oberlandesgericht Celle hatte die einstweilige Verfügung allerdings keinen Bestand: Weil die Rechtsanwälte der Stadt vergessen hatten, Hertie die Verfügung zuzustellen, hob das Gericht sie im Oktober aus formalen Gründen auf. Dieses Verfahren ist in der Zivilprozeßordnung vorgeschrieben, obwohl jede Verfügung von Amts wegen zugestellt wird. Zum eigentlichen Problem nahmen die Richter gar nicht erst Stellung. Um so eindeutiger fiel das Urteil des Landgerichts in der Hauptsache aus. „Wir haben in vollem Umfang gewonnen“, freute sich der Hamelner Rechtsamtsleiter Dirk Eggelsmann. Das Gericht verbot Hertie nicht nur, Kaufhaus und Tiefgarage vor Ablauf des Vertrages mit der Stadt am 31.8.1988 zu schließen. Darüber hinaus stellte es fest, Hertie müsse das Kaufhaus so lange betreiben, wie der auf 30 Jahre abgeschlossene Mietvertrag gelte: bis zum Jahre 2008. Ob die Celler Richter sich noch einmal mit Hertie befassen müssen, bleibt offen. Hertie–Sprecher Kratz meinte, vor Weihnachten sei man bei Hertie wohl kaum zu einer Stellungnahme imstande.