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Aachener SPD gegen Volkszählung

■ Mit einem einstimmigen Beschluß gegen die Volkszählung durchbrechen die Sozialdemokraten der Karlstadt SPD–Einigkeit / Bezirks–SPD befürchtet Datenmißbrauch und bezweifelt den Nutzen einer Volkszählung

Von Vera Gaserow

Berlin (taz) - Als bisher erster Unterbezirk der SPD haben die Aachener Sozialdemokraten beschlossen, die für Mai geplante Volkszählung aus grundsätzlichen Erwägungen abzulehnen. „Da ein Mißbrauch der erfaßten Daten nicht ausgeschlossen werden kann“, heißt es in dem Beschluß des kommunalpolitischen Parteitags, der auch von der SPD– Ratsfraktion getragen wird, solle der Bundestag das Volkszählungsgesetz rückgängig machen. „Hätte die CDU hier nicht die eine Stimme Mehrheit im Stadtrat, die Volkszählung würde in Aachen nicht stattfinden“, meint der Aachener SPD–Geschäftsführer Theo Niewerth. „Meine Damen und Herren, insgesamt bleibt festzuhalten, daß die Weichen für eine solide und umfassend vorbereitete Volkszählung mit Perspektive gestellt sind“, hatte im September 85 der innenpolitische Sprecher der SPD–Bundestagsfraktion, Wernitz, im Bundestag die einmütige Zustimmung der Sozialdemokraten zum Volkszählungsgesetz verkündet. Und noch im Oktober dieses Jahres hatte auch die Konferenz der SPD–Fraktionsvorsitzenden von Bund und Ländern eindringlich die Notwendigkeit einer neuen Volkszählung betont. Genau diese Notwendigkeit einer solchen Zählung bestreiten jetzt die Aachener Sozialdemokraten vehement: „Drei Volkszählungen haben bisher stattgefunden. Welche Ergebnisse, welcher Nutzen, welche Schlußfolgerungen gezogen wurden, sind weder der Öffentlichkeit noch der Verwaltung bekannt. Insbesondere läßt sich daraus kein politisch bewußtes Handeln ableiten“. Die gewünschten Daten ließen sich mit gleicher Genauigkeit, geringerem Kostenaufwand und weniger Mißbrauchsrisiken durch gezielte sozialwissenschaftliche Erhebungen ermitteln. Daß dieser erste „Querschläger“ gegen die Dreieinigkeit aus Sozialdemokraten, CDU und FDP in Sachen Volkszählung aus gerechnet aus dem Unterbezirk Aachen kommt, ist nicht unbedingt überraschend. Der 2.500 Mitglieder starke Unterbezirk hat schon in der Vergangenheit wegen progressiver Beschlüsse zu den Berufsverboten, zur Frauen und Abrüstungspolitik von der Mutterpartei „die Hucke voll gekriegt“, so Geschäftsführer Niewerth. Aber, so meint er,Aachen werde in seiner Ablehnung der Volkszählung in den SPD–Reihen nicht alleine bleiben. An der Basis mache sich viel Unmut breit, denn die Zustimmung der SPD–Fraktion zum Volkszählungsgesetz 1985 sei innerparteilich viel zu wenig diskutiert worden. In manchen SPD–Unterbezirken würde jedoch der Unmut mit Rücksicht auf die Wahlen vorerst unter der Decke gehalten. Von den zuständigen SPD–Parteigremien, die sie um eine Stellungnahme gebeten hatten, haben die Aachener Sozialdemokraten bisher nur eine einzige Antwort erhalten. In einem knappen Schreiben hat ihnen der Bundesvorstand der Partei mitgeteilt, man habe den Beschluß an die Fraktion weitergeleitet, wo er wohl am besten aufgehoben sei. Dort ist er - inzwischen in doppelter Ausführung - so gut „aufgehoben“, daß zumindest der Fraktionspressesprecher von dem Beschluß gar nichts weiß.

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