Lippenbekenntnis am kippenden Fluß

■ Europäische Umweltminister einigten sich in Brüssel auf Aktionsprogramm für Rhein / Gesundes Ökosystem bis zum Jahr 2000 angestrebt / Schadenersatzansprüche bisher nur von Frankreich konkretisiert

Aus Rotterdam Th. Scheuer

Im Jahr 2000 sollen im Rhein wieder Lachse schwimmen. Diese kühne Vision stellte die holländische Verkehrsministerin Neelie Smit–Kroes am Ende der Ministerkonferenz über die Verunreinigung des Rheins in Aussicht, die am Freitag unter ihrem Vorsitz im bereits weihnachtlich geschmückten Rathaus von Rotter dam tagte. Teilnehmer waren neben den direkten Rheinanrainern Schweiz, Frankreich, Bundesrepublik und Holland auch Belgien, Luxemburg, die Brüsseler EG– Kommission und die Internationale Rheinschutzkommission (IRSK). In einer einstimmig verabschiedeten „Erklärung von Rotterdam“ wird der politische Wille bekundet, die ökologische Situa tion des Rheins vor dem Sandoz– Unfall wieder herzustellen und sogar noch zu verbessern. Konkrete Maßnahmen zur Erreichung dieses Ziels beschloß die Konferenz indes nicht. Vielmehr wurde die IRSK mit der Erstellung eines entsprechenden Aktionsprogrammes bis zum kommenden Mai beauftragt. Gemäß der Rotterdamer Erklärung sollen ferner Umstände und Folgen des Sandoz–Unfalls gründlich geprüft und die Ergebnisse in einem Bericht veröffentlicht werden. Die Erklärung fordert ferner zusätzliche Vorsorgemaßnahmen, bessere Sicherungen für Produktionsstätten und Lager entlang des Stromes sowie verbesserte Alarm– und Informationssysteme. Im Vordergrund stand erwartungsgemäß die Frage der Schadensersatzansprüche und der Haftung in Folge der Sandoz–Katastrophe. Der schweizer Bundespräsident Alphons Egli stellte die „guten Dienste“ seiner Regierung in Aussicht bei der Vermittlung zwischen Geschädigten und dem Konzern. Die französische Delegation klagt 60 Millionen Francs für Messungen und Analysen nach dem Sandoz–Brand sowie 250 Millionen französische Francs für Folgeschäden während der kommenden fünf Jahre ein. Die Bundesrepublik legte in Rotterdam noch keine konkreten Schadenersatz–Forderungen vor, da diese nach Auskunft von Wallmanns Pressesprecher Diehl erst von den Ländern ermittelt und dann gesammelt nach Bonn weitergeleitet würden.