Wirbel um Medienvertrag

■ Nach dem Scheitern des Medienstaatsvertrages kündigten CDU–Länder den Gebührenvertrag / Bayern überlegt weitergehende Schritte / SPD–Länder denken an Separatvertrag / ARD soll nicht gespalten werden

Von Axel Kintzinger

Berlin (taz) - Nach dem neuerlichen Scheitern eines Medienstaatsvertrages ist es gestern zu erbitterten Auseinandersetzungen zwischen SPD– und unionsregierten Ländern gekommen. Bayern, Baden–Württemberg, Rheinland– Pfalz und Niedersachsen haben am Freitag eine „vorsorgliche“ Kündigung des Gebührenstaatsvertrages eingereicht, die ab Anfang 1988 wirksam werden soll. Edmund Stoiber (CSU), Leiter der bayerischen Staatskanzlei, brachte auch die eventuelle Kündigung des Finanzausgleich–Vertrages ins Gespräch. Bayern will damit erreichen, daß die Aufsichtsorgane der privaten Rund funksender aus der allgemeinen Gebührenkasse mitgetragen werden. Um diese Funkhäuser zu schützen, wollen die vier SPD–regierten Bundesländer Hessen, Nordrhein–Westfalen, Bremen und das Saarland einen Separatvertrag schließen. Paul Leo Giani (SPD), Leiter der hessischen Staatskanzlei, sieht in dieser Aktion „keine Drohung, sondern nur ein Netz zur Sicherung“ vor allem kleinerer Sender wie Radio Bremen und dem Saarländischen Rundfunk, die als chronisch finanzschwach gelten. Sollten sich die Ministerpräsidenten im nächsten Jahr dennoch einigen und die Kündigung des Gebührenvertrages durch CDU–Länder widerrufen werden, so sei auch dieser Ver trag hinfällig. Unabhängig davon denken die SPD–Länder, so Bremens Bürgermeister Klaus Wedemeier, an ein öffentlich–rechtlich– privates Kooperationsmodell für den von ihnen geforderten Fernsehkanal des Satelliten TV–Sat. Große Hoffnungen auf eine Einigung macht sich derzeit allein Hamburgs Regierender Bürgermeister Klaus v. Dohnanyi (SPD). Folgende Brocken hätte die nächste Ministerpräsidenten–Konferenz, es wäre dann schon die 16., aus dem Weg zu räumen: - Wie und in welchem Ausmaß soll die vom Bundesverfassungsgericht gebotene Meinungsvielfalt auch in Privatprogrammen sichergestellt werden? - Wie groß darf der Einfluß von Staat und wirtschaftlichen Interessengruppen sein? - Finanzierung: Müssen die Öffentlich–Rechtlichen ihr Werbeaufkommen zugunsten der Privaten einschränken? - Verteilung der Satellitenkanäle. Der Medienstaatsvertrag ist ein Lieblingsprojekt der Kohl–Regierung. Über einen Bildschirmtextvertrag sind die Ministerpräsidenten bislang allerdings nicht hinausgekommen. Bis jetzt betonen beide Seiten, die ARD nicht demontieren zu wollen. Dohnanyi: „Eine Balkanisierung der bundesdeutschen Medienlandschaft muß verhindert werden.“ Auch Stoiber sieht die ARD nicht in Gefahr.