Exekutor des bayerischen Landrechts

■ Peter Gauweiler, neuer Staatssekretär im bayerischen Innenministerium, soll für die politische Durchsetzbarkeit der Wiederaufbereitungsanlage in Wackersdorf sorgen

Er liebt maßgeschneiderte Anzüge, wenns sein muß schmeißt sich der evangelische Junggeselle aber auch volksnah in seinen Trachtenjanker. Die Rede ist vom CSU–Aufsteiger des Jahres: Peter Gauweiler. Nach der Landtagswahl holte Strauß seinen Polit–Zögling als zweiten Staatssekretär, zuständig für die Polizei ins Innenministerium. Hauptaufgabe des neuen Mannes: Die Durchsetzung der Wiederaufbereitungsanlage (WAA) in Wackersdorf. Als Law–und–Order–Mann hat sich der ehrgeizige 37jährige in den Augen seines Chefs genügend bewährt. Letzte Amtshandlung als Kreisverwaltungsreferent: Verbot der Anti–WAA Demo am 4. Oktober - erste Amtshandlungen zusammen mit Innenminister Lang: Einsetzung einer Sonderkommission zur Terrorbekämpfung sowie Verbot und polizeiliche Hetzjagd auf die BUKO. Von Gauweiler kam der „Wink mit dem Zaunpfahl“, die Stadt Regensburg sollte doch den „Reader“ zur Anti–AKW–Konferenz genauer unter die Lupe nehmen. Damit sorgte er dafür, daß der § 130 noch vor Verabschiedung des Gesetzpakets zur Terrorbekämpfung in Bayern angewandt wurde. Daß es eine klare Weisung für das Verbot aus dem Innenministerium gegeben hätte, bestritt die CSU im Landtag zwar, aber ein Hinweis genügt eben schon, um die Linie durchzusetzen. Was Gauweiler unter dem Dialog mit den Betroffenen versteht, dokumentierte er bei seinem jüngsten Auftritt in der Oberpfalz zum Thema „Wird die Oberpfalz kriminalisiert?“. Innerhalb kürzester Zeit schaffte es Gauweiler, selbst das letzte BI–Mitglied gegen sich aufzubringen. In seinen „fünf Prüfsteinen“, die er den WAA–Gegnern vorlegte, forderte er von ihnen nicht nur „Distanz zu Gewalttätern und nicht zur Polizei“, sondern entblödete sich nicht, auch zur Denunziation aufzurufen. „Sind Sie bereit, eigene diesbezügliche Informationen ... der Polizei zur Verfügung zu stellen, wie es eigentlich selbstverständlich sein sollte?“, wollte er zum Thema „Anschläge auf Versorgungsunternehmen und Eisenbahnlinien von den Oberpfälzern wissen. Zusammen mit Innenminister Lang, der sich als Oberpfälzer CSU–Bezirksvorsitzender für die Wahlverluste in dieser Region nunmehr durch eine besonders harte Linie revanchiert, das ideale Gespann. In diesem Klima der Anti–Terror–Gesetze kann Strauß sich keinen besseren wünschen als den „Schwarzen Peter“, für den „Linksradikale“ die „geistigen Erben von Baldur von Schirach“ (Führer der Hitlerjugend) sind und der Psychologe Horst Eberhard Richter „Sympathisant einer Terrorgruppe“. „Mein Freund Fritz Teufel“ Gestartet hat der gebürtige Münchner seine rasante Politlaufbahn bereits als Gymnasiast. Um „Dämme gegen linke Schülerzirkel“ zu errichten, gründete der Hobbyschütze in den Zeiten der Studentenbewegung eine Vorläuferorganisation der späteren „Schülerunion“ der CSU. Eigenhändig riß der Jurastudent als RCDS–Vorsitzender (CSU– Studentenorganisation) an der Münchner Uni antifaschistische Transparente von den Wänden. Aus dieser Zeit stammt dann wohl auch seine angebliche Freundschaft mit Fritz Teufel. „Schon mein alter Freund Fritz Teufel sagte, Anschläge dürfen sich nicht gegen das Volk richten“, vertraute der geschickte Taktiker der taz bei der Pressevorführung der Sonderkommission an. Damals jedoch riskierte er auch schon mal eine kesse Lippe gegen die eigene Partei. Die „deutschen Realitäten“ (DDR und Oder/ Neiße–Linie) sollte man anerkennen, forderte der Durchstarter und verglich die Schreibe des damaligen Chefredakteurs des CSU–Organ „Bayernkurier“ mit der NPD–Zeitung. Daraufhin nahm sich der „große Vorsitzende“ den schneidigen jungen Mann zur Brust. Tief beeindruckt von seinem großen Vorbild FJS verließ er nach diesem Gespräch die Parteizentrale. Das beruhte wohl auf Gegenseitigkeit. Strauß machte ihn zum Jugendreferenten und betreute ihn mit der Aufgabe, das Image von Erich Kiesl für die Kandidatur zum Münchner Oberbürgermeister aufzupolieren. Als jüngster Stadtrat zog der damals 23jährige dank prominenter Unterstützung aus Schicki–Micki Kreisen von Karin Dor bis Uli Hoeneß ins Rathaus und boxte sich zielstrebig zur Fraktionsspitze empor. Anwalt der „Schwarzen Sheriffs“ Einziger Karriereknick: 1979 Rücktritt als CSU– Pressesprecher und Fraktionsvize, nachdem Gauweiler selbst einigen CSU–Stadträten unheimlich wurde. Doch mit seiner gutflorierenden Anwaltskanzlei im Rücken, die er zusammen mit dem ehemaligen JU–Vorsitzenden und CSU–Bundestagsabgeordneten Alfred Sauter in einer „zweckentfremdeten Wohnung“ in der Nähe des Englischen Gartens betreibt, kein Problem. Als Anwalt vor Gericht verhilft er bis 1982 der umstrittenen martialisch auftretenden Wachtruppe des „Schwarzen Sheriffs“ zu zahlreichen Freisprüchen. Geschickt verwandelte er die Opfer der privaten Polizei in die eigentlichen Angeklagten. Nach seinem Aufstieg zum leiter der bundesweit größten städtischen Ordnungsbehörde verhinderte der „konservative Einzelkämpfer“ ein Konzert von Peter Tosh in München und versucht sogar ein Einreiseverbot für den Popstar durchzusetzen. Demonstrationsfreie Zone Daß Gauweiler, der schon mal im Eifer des Gefechts als Gauleiter (s. SZ v. Nov. 74) bezeichnet wird, für die Meldepflicht bei Aids eintritt, ist auf diesem Hintergrund nur logisch. Ohne Rücksicht auf Verluste schwingt er seine „ordnungspolitische Keule“ ebenso gegen die „Wiesn–Wirte“ auf dem Oktoberfest. Bereits in seiner Antrittsrede wettert der „Schwarze Sheriff“ gegen „eine gezielte Verfälschung der Versammlungsfreiheit“. Demzufolge hagelt es Demoverbote und wird München phasenweise zur „demonstrationsfreien Zone“. Zweimal hintereinander wurden Protestdemonstrationen gegen die von der Polizei initiierten „Haidhauser Krawallen“ im Anschluß an die Anti– WAA Demo im Oktober 85 verboten. Befragt nach der Triebfeder seiner politischen Arbeit antwortete der Villenbesitzer (für 1,2 Mill. erwarb er zusammen mit seiner Schwester eine Villa am Starnbergersee): „making history“. An Skandalgeschichten auf seinem Weg nach oben mangelt es bisher auf jeden Fall nicht. Aber daran ist eine CSU–Karriere in Bayern ja noch nie gescheitert. Luitgard Koch