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Letzte Chance vertan

■ Zum Prozeß gegen KZ–Aufseher Heidemann

Pünktlich zum Weihnachtsfest beschenkte sich die Berliner Justiz mit der endgültigen Schließung der Akten im letzten NS - Verfahren. Daß der Kapo Otto Heidemann, der vielen polnischen Zeugen zufolge mehr als einen KZ– Häftling ermordete, nicht klammheimlich davon kam, ist zwar zu begrüßen. Doch nach dem jüngst ergangenen Beschluß, alle Verfahren gegen ehemalige Mitglieder des Volskgerichtshofs einzustellen, zeigte der Prozeß nur allzu deutlich, daß es - wenn überhaupt - bestenfalls noch die sogenannten „Kleinen“ sind, die zur Beruhigung des nicht mal mehr schlechten Gewissens vor den Kadi zitiert werden. Abgesehen davon, daß das Ermittlungsverfahren gegen Heidemann - wie gegen die meisten Nazi–Verbrecher - schon vor Jahrzehnten zunächst eingestellt wurde, hat das Gericht die Chance vertan, doch noch einen historischen Prozeß zu führen; indem es den Zeugen Raum und Zeit für das Darlegen ihrer unauslöschbaren Erinnerungen gegeben hätte. So war der Prozeß nicht mehr als ein Indizienverfahren, mit dem einzigen Unterschied, daß die angeklagten Taten über vierzig Jahre zurücklagen. Doch nicht das Urteil und die Höhe der Freiheitsstrafe ist entscheidend. Vielmehr ist es ein Hohn, wenn sich Richter, die nicht älter als fünfzig sind, anmaßen, Erinnerungen als Scheinerinnerungen abzutun, fast so, als sei die jüngste deutsche Geschichte ein „Massenirrtum“ der KZ Insassen. Plutonia Plarre

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