Auch Weihnachtsmänner ohne Profil

■ Nikoläuse und Osterhasen im Einheitsformat / Rationalisierung hobelt alles blank

Von Georgia Tornow

Sie werden nicht fehlen auf den Gabentischen der Nation: Weihnachtsmänner aus Schokolade. Die Süßigkeiten der Saison haben besonders bei Kindern Konjunktur, schon allein weil sie so prima kaputtzudrücken sind. Der feineren, meist älteren Zunge will sich das Aroma der in der Regel nicht gerade hochwertigen Schokoladensubstanz nicht mehr so recht erschließen, zumal das Gerücht geht, der Einzelhandel würde übriggebliebene Waren einfrieren und im Wortsinn „alle Jahre wieder“ anbieten. Das Ein– und Umschmelzen von Restbeständen sogenannter „Saison–Figuren“, zu denen auch Schornsteinfeger, Osterhasen und Maikäfer gehören, lohnt sich für die Hersteller nicht. Die Papierhülle müßte von Hand abgepuhlt werden und das ist bei einer Tagesproduktion von 400.000 bis 500.000 Stück bei den Großen der Branche schlicht und einfach unwirtschaftlich. Wie immer, wenn die Flexibilität am Markt zu wünschen übrig läßt, treten auch in der Schokoladenindustrie die Rationalisierer auf den Plan: Ergebnis war die Verwandlungsfigur. Ihre Gußform ist so ausgelegt, daß sie sowohl mit Osterhasen wie mit Nikolauspapier überzogen werden kann. Über die Verwendung als Maikäferkorpus ist nichts bekannt, aber hier dürfte das Designer–Genie überfordert und die Investition in eine neue Form - an die 70.000 Mark - unumgänglich sein. Allerdings haben die Vielzweckfiguren einen Nachteil: Am Markt sind sie nicht gerade beliebt. Insbesondere im Exportgeschäft wird weiter der klassische Nikolaus gefordert. Hauptabnehmer sind die USA, Kanada und Japan. Die Amerikaner lieben Wattebart und Troddeln, die Österreicher bestehen auf der Figur „im Sackerl“, der Zellophantüte. Also der Markt als Auffanglinie gegen den Einheitsbrei, der Konsument darf sich selbst dankbar sein. In diesem Sinne: vive la difference und guten Appetit, wenns denn sein muß! McCASH FLOWS ORAKEL