: Brandneue Luxuslimousinen in der Plastiktüte
■ Bei einem Autohändler in Hannover kann jeder seinen Superschlitten über Jahrzehnte konservieren lassen / Kostspielige Geschenke für übermorgen
Aus Hannover Jürgen Voges
Nein - einen neuen Trend zu mehr Luxus kann Herr Plinske, der Autokonservierer, nicht bestätigen, obwohl er im Norden Hannovers auf 5000 Quadratmetern wirklich das Feinste vom Feinen beherbergt. „Wir haben hier seit Jahren schon immer zwischen 180 und 220 Autos stehen“, sagt er, „im Augenblick etwa 200 Fahrzeuge.“ Was Wolfgang Plinske, ein Herr mittleren Alters, der auf seinem Schreibtisch ein Schild: „Unser Motto: freundlich und gründlich“ aufgestellt hat, so schlicht „Fahrzeuge“ nennt, sind nicht mehr erhältliche Raritäten, die jeden Autonarren in Verzückung versetzen. Gleich vorn in einer der beiden Hallen steht ein zweisitziger Sportflitzer: Außen Weiß und Chrom, der Innenraum des Cabrios völlig in knallrotem Leder. „Das ist ein Chevrolet Corvette, so ein Modell aus den Fünfziger Jahren, jetzt seine guten 60.000 DM wert“, erläutert Herr Plinske, „Wir haben hier eine Reihe solcher Exoten den „Lotus Super 7“, den „Alfa Romeo Monreal“, „Rolls Royce“ und dazu natürlich viele Porsche und Daimler, wie den 300 SL zum Beispiel. Diese 200–fache Pracht der Straße befindet sich allerdings in zwei schmutzig–grauen Betonkellern. All die fabrikneuen Sportwagen vom Käfer–Cabrio über den Jaguar E bis zum 250.000 DM teuren Ferrari BB 512 sind in dicke, knitterige PVC–Häute verpackt und auch der weiß–rote Chevrolet wird demnächst seinen Plastiküberzug bekommen. Herr Plinske ist verantwortlich für die Abteilung „Autokonservierung“ bei einem hannoverschen Autohaus, das sich rühmt, bei der Einmottung von Luxuskarossen „führend in Europa“ zu sein. „Das Konservierungsverfahren“, so erklärt er, „hat unser Chef zuerst bei der Bundeswehr gesehen. Panzer, die Geschütze auf Schiffen, praktisch alle Waffen in Reserve sind dort nach diesem Trockenumluftverfahren konserviert.“ Bei den Wagen muß man für die Einmottung zuerst alle Flüssigkeiten ablassen, in Motor und Ge triebe kommt ein Spezialöl. Dann werden die Luxusschlitten in die Plastikbeutel verschweißt, in die über ein Röhrensystem trockene Luft geleitet wird. Durch eine konstante Luftfeuchtigkeit von 40 Rost, gebannt. Einige Mercedes–Sportwagen werden so schon über zehn Jahre verwahrt und natürlich steigen die fabrikneuen Auslaufmodelle, die zumeist hier eingemottet sind, auch kräftig im Wert. Selbst die billigsten Folien–Autos, die Käfer Cabrios, die 1979 vor der Einmottung 18.000 DM kosteten, kann man heute nicht mehr unter 32.000 DM bekommen. Dennoch sei die Autokonservierung für seine Kunden „reine Liebhaberei und kein Spekulationsgeschäft“, sagt Herr Plinske. „Legen Sie doch mal 100.000 DM auf 20 Jahre fest und schauen Sie dann, was sie am Ende haben.“ Schließlich koste bei ihm allein die Platzmiete etwa 1.500 DM im Jahr, wozu noch die Aufwendungen für die Einmottung und den Transport nach Hannover kämen. Trotz AC Cobra und Austin Martin - Herr Plinske selbst hat ein nüchternes Verhältnis zu seinen Luxusschlitten: „Man ist da wertfrei“, sagte er, „und wird es kaum bedauern, daß dieses oder jenes Auto wieder abgeholt wird.“ Nur von den Käfer Cabrios hätte er „gerne mehr gehabt“. 1979 hatte seine Firma noch 60 der letzten Exemplare des auslaufenden Modells erworben, selbst eingemottet und binnen eines Jahres mit Gewinn weiterverkauft. „Wir hatten dann noch viele Kundenwünsche, die wir nicht erfüllen konnten“, sagt er. Die Hälfte der 60 Cabrios steht immer noch „werksnagelneu“ in den Konservierungsgaragen. „Wissen Sie, diese Cabrios gehören doch fast alle Kunden, bei denen sie einmal als Dritt– oder eher noch als Viert–Auto laufen werden.“ Aber Herr Plinske hat „auch einige Kunden aus anderen Schichten“. Leute, deren Hobby ihr Auto sei, würden einen Wagen, in den sie viel reingesteckt hätten und den sie nicht verkaufen wollten, auch schon mal für 2 Jahre in die Konservierung geben. „Das sind dann Leute wie Sie und ich“, meint der Konservierer und mustert mich dabei von oben bis unten: „Sie sind ja wohl auch kein Millionär.“
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