WAA–Weihnacht mit Weißwurst und Knüppel

■ Extra–Weißwürste für die Polizei / Trotz Verbot zogen 3.000 zum Bauzaun des WAA–Geländes bei Wackersdorf / Neben ca. 90 WAA–Gegnern Überwiegend Schlafsäcke verhaftet / Aufwendige Fahndung nach Norwegerpulli / Silvesterfeuerwerk am Bauzaun

Von Bernd Siegler

Wackersdorf (taz) - Während am Heiligen Abend ca. 600 WAA– Gegner an einer ökumenischen Andacht am Franziskus–Marterl nahe dem Baugelände teilnahmen, feierte Bayerns neuer Saubermann, Innenstaatssekretär Peter Gauweiler, mit rund 1.000 Beamten in einem Zelt auf dem Baugelände. 2.000 andere Polizisten mußten derweil Dienst schieben. Eigens für diese Feier wurden mit vier Lastwagen Geschenke herantransportiert. Per Hubschrauber ließ Gauweiler 2.000 frische Weißwürste einfliegen. Nachdem die bayerische Staatsregierung die WAA mit Steuererleichterungen und Subventionen in dreistelliger Millionenhöhe in den Freistaat gelockt hatte, beeilte sich Gauweiler zu betonen, daß nicht der Steuerzahler die Weihnachtspräsente gezahlt habe. Nein, 30.000 DM hätten aufrechte Bürger gespendet, Bayerns Ministerpräsident Strauß habe noch einmal 10.000 DM draufgelegt. Doch entgegen den Hoffnungen der aus Bayern und Rheinland–Pfalz zusammengezogenen Beamten gab es - entsprechend der Ankündigung der Oberpfälzer Bürgerinitiativen - „keinen falschen Weihnachtsfrieden“ im Taxöldener Forst. Etwa 5.000 Gegner der im Bau befindlichen Wiederaufbereitungsanlage (WAA) trotzten Schneetreiben, Kälte und dem Verbotspoker. Drei der sechs für Weihnachten und Silvester geplanten Aktionen waren zunächst vom örtlichen Landratsamt, dann von den zuständigen Gerichten verboten worden. Für die zentrale Kundgebung in Wackersdorf am zweiten Weihnachtsfeiertag hatten die Behörden strenge Auflagen erteilt. Neben einem Maulkorb für Robert Jungk, der seine Äußerungen von Hanau (“Macht kaputt, was Euch kaputt macht“) nicht wiederholen durfte, gehörte dazu auch das Verbot, nach der Kundgebung zum Bauzaun zu marschieren. Doch kaum ein WAA–Gegner hielt sich daran. Mit der Meldung einen Tag zuvor, man habe im Wald ein Depot mit Molotow–Cocktails und Werkzeugen gefunden, hatte die Polizei bereits für die richtige Stimmung gesorgt. Waren zu Beginn der Kundgebung aufgrund der Polizeiabsperrungen rund um den Marktplatz und der Durchsuchungen sowie Personenkontrollen auf den Anfahrtswegen lediglich 500 Demonstranten auf dem Marktplatz erschienen, wuchs die Menge wenig später auf 5.000 Teilnehmer an. Robert Jungk forderte „Aus dauer und Phantasie“ für den weiteren Widerstand, Landrat Hans Schuierer verwies auf die Vorreiterrolle Bayerns im Umgang mit AKW–Gegnern. 3.000 Demonstranten gelangten schließlich quer durch den Wald vorbei an den Polizeisperren zum Bauzaun. Trotz des mittlerweile fast fertiggestellten Trockengrabens versuchten WAA–Gegner im dichten Schneetreiben am zehn Millionen DM teuren Spezialzaun zu sägen. Als die daraufhin einschreitenden Beamten mit Schneebällen empfangen wurden, knüppelten diese wild um sich. Die Auseinandersetzungen eskalierten, Sondereinsatzkommandos und BGS–Beamten versuchten gezielt, Vermummte herauszugreifen. Bis zur Nacht des 26.12. zierten 56 Festgenommene und eine Vielzahl beschlagnahmter Schlafsäcke die polizeiliche Erfolgsbilanz. Erst nach Androhung einer einstweiligen Verfügung wurden die Schlafsäcke am 29.12. ihren Besitzern wieder ausgehändigt. Der Altenschwander BI–Vorsitzende Hans Feuerer, der auf der Kundgebung in Wackersdorf noch betont hatte, man werde „sich weder in einheimische und auswärtige, noch in gute und böse WAA–Gegner spalten lassen“, wurde vier Tage später selbst Opfer eines massiven Polizeieinsatzes. Um 8.30 Uhr umstellte am 30.12. eine Hundertschaft sein Haus und präsentierte einen Durchsuchungsbefehl. Gesucht wurde nach einem Norwegerpullover und einer Lappenmütze, die vor einem dreiviertel Jahr ein WAA–Gegner, als er einen Polizisten gegen das Schienbein getreten haben soll, getragen hatte. Ohne Pulli und Mütze, jedoch mit der Beschlagnahme von Schienbeinschützern beendeten die Beamten den Großeinsatz. Als dann alarmierte Dorfbewohner den Abzug der Hundertschaft behinderten, nahmen die Beamten elf Personen wegen versuchter Nötigung fest. Für die von allen Instanzen verbotene Silvesteraktion am Bauzaun wurden wieder einmal die bayerischen Grenzen dicht gemacht. Einem Bus mit 46 Insassen wurde aus Salzburg kommend an der bayerischen Staatsgrenze die Einreise verweigert. Als Grund gaben die Grenzbeamten ihre Vermutung an, die Businsassen wollten zur verbotenen Silvesterfeier. Am Bauzaun selbst versammelten sich dann mehrere hundert WAA– Gegner. Trotz massiver Personenkontrollen gelang es, ein farbenprächtiges und lautes Feuerwerk vom Stapel zu lassen. Als WAA–Gegner durch Trommeln auf der Leitplanke der mittlerweile fertiggestellten Zufahrtsstraße zum Baugelände unterhalb des sog. Chaotenecks einen „Höllenlärm“ veranstalteten, räumten die nervösen Einsatzbeamten die Leitplanke ab. Etwa 20 Personen wurden dabei festgenommen. Danach zersteuten sich die WAA– Gegner im Wald.