Iberische Bilanzen zu EG–Beitritt

■ Süderweiterung der EG produziert auch Probleme / Vor– und Nachteile in Portugal und Spanien unterschiedlich verteilt / Einheimische Wirtschaft fordert Unterstützungsmaßnahmen

Madrid/Lissabon (dpa/taz) Die Süderweiterung der EG hat für die neuen Mitgliedsländer Spanien und Portugal eine Reihe von Anpassungsproblemen aufgeworfen. Nach einjähriger EG–Zugehörigkeit stehen in der innenpolitischen Diskussion in beiden Ländern die Negativ–Posten der Bilanz im Vordergrund. Zwar ist angesichts der Verschärfung des Handelskonflikts zwischen den USA und der Gemeinschaft unter den Mitgliedsländern „Schulterschluß“ angesagt, die internen Widersprüche insbesondere im Agrarbereich sind jedoch unübersehbar. Hier ist gerade innerhalb der EG nicht alles in Butter. Im feuchten Norden Spaniens, protestierten Landwirte gegen den jüngsten Brüsseler Beschluß, wonach sie ebenso wie ihre Kollegen in den übrigen elf EG–Ländern in den kommenden zwei Jahren zur Reduzierung von Milchseen und But terbergen ihre Produktion um sechs Prozent senken sollen. Klagen waren auch aus der spanischen Wirtschaft zu hören. Unmittelbarer Anlaß war die Veröffentlichung der Bilanz des spanischen Handels mit EG–Partnern in den ersten zehn Monaten dieses Jahres. Sie wies ein Defizit von 109 Milliarden Peseten (rund 1,65 Mrd. DM) aus. Dagegen hatte Spanien im Handel mit EG–Ländern im gleichen Zeitraum des Vorjahrs einen Überschuß von 234,7 Milliarden Peseten erwirtschaftet. Die Importe aus dem Gemeinschaftsraum stiegen von Januar bis Oktober 1986 um 30 Prozent, während die Exporte sich nur um sechs Prozent erhöhten. Der spanische Unternehmerverband CEOE forderte von der Regierung zur Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit gegenüber einer Übermacht besser gerüsteter europäischer Partner Hilfe. Gedacht wurde dabei besonders an die Möglichkeiten für eine weitere Flexibilisierung des Arbeitsmarktes. Weit gelassener reagierte die Regierung in Madrid. Sie wies darauf hin, daß die Inlandsnachfrage erstmals seit 1974 einen Anstieg von über fünf Prozent erreicht habe. Diese hätte von der heimischen Wirtschaft kaum gedeckt werden können, hieß es. Zudem entfielen 33 Prozent des Gesamtimports aus dem EG– Raum auf Investitionsgüter, die einer Modernisierung der Industrie zugute kämen. Dem iberischen Nachbarn Portugal, der sich von Geldern aus dem Regionalfüllhorn der EG weitere Impulse für einen Aufschwung versprach, flößten die von einer ohnehin stärkeren spanischen Wirtschaft ausgehenden positiven Signale eher Furcht ein. Der bilaterale Handelsaustauch, für den mit dem EG–Beitritt alle Zollschranken abgeräumt wurden, wies in den ersten acht Monaten 1986 für Portugal ein Minus von 47,6 Milliarden Escudos (rund 700 Mio DM) aus. geo