Cattenom versetzt Mosel Todesstoß

■ Cattenom–Kühltürme arbeiten mit Säure und Phosphaten / Chemische Belastung des Flusses steigt erheblich / Schon jetzt schlechtere Sauerstoffwerte als im Rhein / Grüner warnt vor möglichem „Umkippen“

Aus Trier Felix Kurz

Die chemische Belastung der Mosel wird sich nach Überzeugung der Grünen durch den Betrieb der französischen Atomzentrale Cattenom (seit November 86 liefert Cattenom offiziell Strom ins europäische Verbundnetz) drastisch erhöhen und das biologische Leben im gesamten Fluß in Frage stellen. Vor Journalisten in Trier sagte der Leiter des Arbeitskreises Umwelt der Grünen im Bundestag, Harry Kunz, die „chemischen Belastungen der Mosel seien bedenklicher als die des Rheins“ und könnten deshalb zu einem „Umkippen“ des Flusses führen. Durch ein besonderes „Säure– Impf–Verfahren“ werden im Unterschied zu anderen Atommeilern dem Kühlwasser in Cattenom Salzsäuren und Phosphorverbindungen zugesetzt, um so die Kesselsteinbildung in den Kühltürmen zu verhindern. Bereits durch die französische Stahlindustrie und durch Kaliminen sei die Mosel beträchtlich verunreinigt. Extreme Ammoniumkonzentrationen und Überdüngungserscheinungen des Gewässers und daraus resultierende starke Sauerstoffdefizite, die heute weit höher lägen als die des Rheins, seien seit Jahren an der Tagesordnung. Der Salzgehalt liege immer noch bis zu 50 % über dem zulässigen EG– Grenzwert. Über das in Cattenom angewandte „Säure–Impf–Verfahren“ führte das Bundesumweltamt in einem Schreiben an das Bundesinnenministerium bereits vor einigen Jahren aus, daß dieses zu einer „unverantwortlich hohen Salzbelastung der Mosel“ führen werde und im „klaren Gegensatz zu den Bestrebungen der Moselanliegerstaaten“ stünde, den Salzgehalt der Mosel zu senken. Mit der Inbetriebnahme des AKW Cattenom und den Salzeinleitungen verstoßen deshalb die Franzosen nach den Worten von Harry Kunz gegen geltendes Recht. Hinzu kommen noch weitere chemische Giftstoffe wie das auch in der BRD als Schutzmittel gegen Korrosionserscheinungen verwendete krebserregende Hydrazin. Bei vollem Betrieb in Cattenom würden nach Kunze 6–8 kg Hydrazin täglich in die Mosel eingeleitet werden, mehr als alle Anlieger zusammen dem Rhein täglich zuführen würden.