DDR bestraft Mauermaler hart

■ Ex–DDRler wegen Strich auf Mauer der zu einem Jahr und acht Monaten verurteilt / „Illegaler Grenzübertritt“ vorgeworfen / Er war vor seiner Ausreise in der Weimarer Friedensbewegung aktiv

Berlin (taz) - Für insgesamt drei Jahre und zwei Monate soll der Ex– DDRler und Neu–West–Berliner Wolfram Hasch ins DDR–Gefängnis. Ein Ost–Berliner Gericht verurteilte den 23jährigen am Donnerstag zu einem Jahr und acht Monaten Gefängnis dafür, daß er von der West–Seite die bunt bemalte Berliner Mauer mit einem weißen Strich versehen hatte. Mit dem wollte er im November letzten Jahres darauf aufmerksam machen, daß sie noch etwas anderes sei als eine Fläche für bunte Bilder. Während seiner Malaktion waren Vopos durch eine kleine Eisen tür auf die Westseite der Mauer geschlichen (für Ortsunkundige: sie gehört noch zum DDR–Gebiet) und hatten den jungen Mann mit vorgehaltener Pistole gegriffen und abgeführt. Seitdem saß Hasch in Ost–Berliner U–Haft. In dem jetzt ergangenen Urteil wegen „illegalen Grenzübertritts“ wurde ihm zusätzlich eine alte 18monatige Reststrafe aufgebrummt. 1984 war Hasch als Mitglied einer unabhängigen Friedensgruppe in Weimar wegen Verbreitens von Wahlboykott - und Anti–SS–20– Parolen zu zwweieinhalb Jahren Gefängis in der DDR verurteilt worden. 1985 kam er vorzeitig frei und lebte seitdem in West–Berlin. taz–Lesern ist er nicht unbekannt. Kurz nach seiner ersten Verhaftung in Weimar erschien von ihm ein langer Beitrag über die Weimarer Friedensszene in der taz (1.2. 84) „Gegen den preußischen Alltag in der Provinz“. Damals charakterisierte er die Szene in Weimar als einen „Pott pazifistischer Triebe“, als „bunte Aussteigerlandschaft“ von „desillusionierten Punks“, einer „selbstgenügsamen Frauengruppe“, von „Umweltreformern“, „christlichen Identifikationsfanatikern“ und „Endzeitaktivisten“. mtm