Paris: Streikfront bröckelt ab

■ Im Streik der Eisenbahner zeichnet sich deutlich die Tendenz zur Wiederaufnahme der Arbeit ab / Konfrontation zwischen kommunistischer CGT–Gewerkschaft und der Regierung

Aus Paris Georg Blume

Nach dem Wochenende kann man in Frankreich in der Tat erstmals in dem knapp vier Wochen andauernden Streik der Eisenbahner von „deutlichen Tendenzen zur Wiederaufnahme der Arbeit“ sprechen, so wie es Bahndirektion und Regierung seit geraumer Zeit glauben zu machen versuchen. Trotz der unvermindert starren Verhandlungsfronten sprachen sich die Vollversammlungen der Basis in etwa einem Drittel der französischen Eisenbahndepots bis Sonntag für ein Ende des Streiks aus. Selbst in der Streikhochburg am Pariser Gare du Nord, wo die Nationale Koordina tion der Lokführer ihr ständiges Büro eingerichtet hat, kam es das erste Mal zu einem gespaltenem Abstimmungsergebnis. Mit dem Abbröckeln der Basis der Eisenbahner, die dem Streik bisher Einzigartigkeit und Glaubwürdigkeit verlieh, drohen die anderen Arbeitskonflikte, insbesondere bei den Elektrizitätswerken und den öffentlichen Pariser Verkehrsbetrieben, immer mehr auf eine Konfrontation zwischen CGT–Gewerkschaft und der Regierung hinauszulaufen. Vor allem, weil auch die sozialistisch orientierte CFDT–Gewerkschaft offen für die Beilegung der Streiks aufgrund ihres nunmehr politischen Charakters votierte. Dennoch werden die Arbeitsniederlegungen bei E–Werken und öffentlichen Pariser Verkehrsmittel andauern. Für heute ruft die gaullistische Regierungspartei RPR zu einer Großdemonstration gegen die Streiks in Paris auf. Bereits am Wochenende kam es in zahlreichen französischen Städten zu Demonstrationen der rechten Parteien. Die Direktion der Elektrizitätswerke EDF hat den Arbeitnehmervertretern unterdessen ein Angebot unterbreitet, das Lohnerhöhungen von 1,7 Prozent vorsieht. Zwei Gewerkschaften - die prosozialistische CFDT und die rechte FO - haben bereits ihre Zustimmung angekündigt.