Was wird aus Israels Söldnern im Südlibanon ?

■ Desertionen und Anschläge machen der „Südlibanesischen Armee“ im israelisch besetzten Sicherheitsstreifen zu schaffen / Amal–Milizen sollen Lücken schließen

Aus Tel Aviv Amos Wollin

Das Schicksal von Israels Söldnertruppe im sogenannten Sicherheitsstreifen entlang der Nordgrenze zu Galiläa steht derzeit nicht unter einem glücklichen Stern. Während der letzten Woche kamen dreizehn Mitglieder der vorwiegend christlich–maronitischen „Südlibanesischen Armee“ (SLA) bei Anschlägen ums Leben, zahlreiche weitere wurden verwundet. Doch nicht nur die jüngsten Anschläge, offenbar von der radikal– fundamentalistischen Schiitenmiliz Hisballah durchgeführt, machen der SLA zu schaffen. In der letzten Zeit haben über zehn Prozent der rund 2.500 Mann starken SLA, die von Israel finanziert, ausgebildet, ausgerüstet und angeleitet wird, den Kampfverband unter Führung des libanesischen Generals Lahad verlassen. Die Milizionäre möchten besser bezahlt werden, und zwar - angesichts des rapiden Verfalls der libanesischen Lira - in harten Dollar. Bereits vor den Anschlägen in der vergangenen Woche sah sich Lahad genötigt, neue Kämpfer für seine Armee zu suchen, da eine Massendesertion die Zukunft der SLA, die in der Sicherheitszone für Israel Ordnung schaffen soll, in Frage gestellt hat. Israelischen Angaben zufolge hat die Moral der SLA kurz vor Jahresende einen Tiefpunkt erreicht. Zu den Deserteuren zählten Maroniten, die aus christlichen Gebieten im Norden des Landes in den überwiegend schiitischen Süden entsandt worden waren - ein Beitrag der Falangisten im gemeinsamen Kampf mit dem israelischen Verbündeten. Doch an die Adresse der Falange ging kürzlich eine Warnung, den Palästinensern im Südlibanon keine Hilfe zukommen zu lassen. Die Falange stellt diesen nämlich den christlichen Hafen Junieh für Nachschub zur Verfügung. Dies und eine Annäherung an die schiitischen Führer der Amal–Bewegung in der gemeinsamen Offensive gegen die Palästinenserlager veranlassen jetzt die israelische Führung und General Lahad, eine Umstrukturierung der SLA vorzunehmen und sich stärker auf kampferfahrenere Amal–Mitglieder zu stützen. Materielle Anreize Damit soll eine Aufbesserung des Lohns der Söldner und eine „Hebung der Moral“ durch verstärkte israelische Unterstützung einhergehen. Die Zunahme der Angriffe auf die SLA ist auch als Warnung an die örtliche Bevölkerung zu verstehen, sich nicht der Söldnertruppe anzuschließen. Um die südlibanesischen Schiiten zum Eintritt in die SLA zu ködern, sind neue Verordnungen erlassen worden: Zwar dürfen SLA–Jugendliche und Männer zwischen 17 und 45 Jahren nicht länger in Israel arbeiten - sie sollen in der Miliz dienen, wo ihr monatlicher Sold 150 Dollar beträgt. Aber ih ren Familienangehörigen wurde ein bevorzugtes Anrecht auf Beschäftigung in der israelischen Landwirtschaft und Textilindustrie gewährt, wo diese täglich bis zu zehn Dollar verdienen können. Damit können die SLA–Mitglieder ihr Familieneinkommen verdreifachen. Die Maßnahme gilt als wichtiger Ansporn bei der Rek rutierung neuer Söldner. Doch falls die Angriffe auf die SLA auch künftig Tote fordern und ihr weiteres Bestehen bedrohen, könnte Israel sich gezwungen sehen, verstärkt eigene Truppen im Libanon einzusetzen. Dies gilt um so mehr für den Fall, daß die Belagerung und Bombardierung der palästinensischen Flüchtlingslager durch die Amal– Miliz zwar Opfer fordern, aber ihr Ziel - Entwaffnung und Vertreibung - nicht erreichen, sondern stattdessen die Aktionseinheit der verschiedenen palästinensischen Organisationen im Rahmen der PLO festigen. Israels Optionen Der Militärkorrespondent der Jerusalem Post, Hirsh Goodman, schrieb kürzlich, daß „Israel in den letzten Wochen bereits gezwungen war, (im Libanon, d. Red.) verstärkt und direkt zu intervenieren, in Saida und entlang der Küste. In diesen Angriffen ist nach Ansicht von Beobachtern eher eine Taktik zu sehen, den Amal–Kämpfern bei ihren Operationen gegen Al Fatah zu helfen, als eine israelische Antwort auf eine terr werden...Falls die schiitische Hisballah ihre Kampagne gegen die SLA fortsetzt, wird Israel gezwungen sein, auf einer breiteren Ebene zu antworten. Unter anderem kämen Angriffe auf Hisballah–Ziele und Stützpunkte nördlich der Sicherheitszone in Frage sowie die Verstärkung der SLA– Einheiten an der Front durch israelische Verbände mit Spezialausrüstung bei gleichzeitiger Modernisierung der technischen Mittel, die der SLA zur Verfügung stehen, vor allem, um sie gegen drohende Angriffe zu schützen. In der Vergangenheit hat Israel Truppen je nach Bedarf im Südlibanon eingesetzt und wieder zurückgezogen, nachdem spezifische Aufgaben erfüllt waren. Israel hat die Erfahrung gemacht, daß die Feindschaft der Schiiten wächst, je mehr Truppen im Libanon bleiben. Das betrifft auch gemäßigtere schiitische Elemente, die im allgemeinen dazu neigen, mit Israel und den USA stillschweigend und ohne Aufsehen zu erregen, zusammenzuarbeiten. Wenn die SLA jedoch auch weiterhin zusammenzubrechen droht, wird Israel nichts anderes übrig bleiben ... als wieder eine direkte militärische Einmischung in südlibanesische Angelegenheiten in Betracht zu ziehen.“