P O R T R A I T Die älteste und größte afghanische Rebellenpartei

■ Afghanischer Widerstandskämpfer meint, daß sowjetische Truppen zum Abzug bereit seien / Die Partei Hezb–e–Islami formierte sich bereits in den 60er Jahren / Nur zu direkten Verhandlungen mit russischen Besatzern bereit / Die Partei harmoniert nicht mit allen übrigen Rebellengruppen

Berlin (taz) -Der Führer der afghanischen Widerstandsgruppe Hezb–e–Islami, Gulbaddin Hekmatjar, hat am Sonntag die Ansicht geäußert, daß die Sowjetunion zu einem Abzug ihrer Truppen aus Afghanistan bereit sei. Das Waffenstillstandsangebot der kommunistischen Regierung in Kabul lehnte Hekmatjar allerdings ab. Die Hezb–e–Islami unter der Führung des Ingenieurs Gulbuddin Hekmetjar ist heute - neben der Jamiat unter der Leitung Professor Rabanis - eine der größten Widerstandsparteien in Afghanistan. Ihr Zentrum ist Peschawar (Pakistan). Die Partei ist vorrangig im Süden und Südosten Afghanistans aktiv, umfaßt auch Gruppen in fast sämtlichen anderen Landesteilen. Zur Zeit agiert sie in einem Bündnis mit den sechs anderen Widerstandsparteien, deren Hauptsitz gleichfalls Peschawar ist. Die hierarchische Gliederung der Partei, ihr Zugang zu internationaler Waffen– und Entwicklungshilfe und ihre radikale Ideologie hatten die Partei zu einem der wichtigsten Elemente im Krieg gegen die Sowjetunion und bei der Propagierung einer neuen Gesellschaft gemacht.Wie auch die übrigen Exilparteien in Peschawar ging die Hezb–e–Islami aus einer in den 60er Jahren gegründeten islamischen Erneuerungsbewegung hervor. Deren radikaler Flügel gründete jedoch schon vor dem April– Putsch der Kommunistischen Partei 1978 eine eigene Partei - die jetzige Hezb–e–Islami. Vor allem nach dem sowjetischen Einmarsch in Afghanistan am 27. Dezember 1979 gewann die Partei schnell an Bedeutung, wobei sie ihren Einfluß durchaus auch im - gelegentlich bewaffnet ausgetragenen - Gegensatz zu den übrigen Parteien ausweitete. Mehrere Versuche eines politischen Ausgleichs mit den übrigen Parteien wurden und werden durch die radikale Position der Partei behindert. Die Hezb–e–Islami betonte von Anfang an die Priorität der islamischen Revolution gegenüber dem Befreiungskampf gegen die Russen. Ihr Konzept ist internationalistisch und exklusiv. Außenpolitisch vertritt sie die Einstellung: weder Ost noch West - also die Unabhängigkeit von jeder Form von Einmischung. Eine politische Lösung kann für sie nur heißen: Abzug der Russen - und deswegen: direkte Verhandlung nur mit ihnen. Jan–Heeren Grevemeier