Die Konferenzschaltung

■ Ein Winterwahlkampfabend per Ätherschlacht in der ARD - bunt untermalt vom grünen Unterhaltungsprogramm

Sonntag abend versuchte die ARD, den Wahlkampf wenigstens im Äther stattfinden zu lassen. Thomas Ebermann, als geschulter KB–Rhetoriker vorgestellt, aber merkwürdig blaß verglichen mit seinem Pullover, bewegte sich gerade auf eine These zu Kohl und KZ zu, als schon der Ätherkampf dazwischen kam. „Hallo Saarbrücken, hier ist Saarbrücken.“ Kohl hatte gerade gegen die Störer einen Punkt gemacht. Allein: Wie immer kam die Konferenzschaltung einen Moment zu spät. Allerdings nicht bei Rau. Mit Rau verhandelte die Moderatorin, ob er nicht seine bekannte Toleranz gegen die Störer im Saale aufblitzen lassen könnte. Rau betonte denn auch, daß vor allem Argumente wichtig seien. In Kohls Partie fiel vor allem die merkwürdige Disharmonie zwischen falscher Betonung, mißtrauischem Blick zu den Zuschauern herüber und Handbewegung zwischen Podiumsrand und Manuskript auf. Strauß warnte vor dem „rot–grünen Katastrophen–Kartell“ und meinte „die Linke hat die Wahl verloren“. Unklar, ob das Katastrophen–Kartell deswegen gefährlich ist, weil die Linke die Wahl verloren hat. Rau spielte Kanzler–Voluntarismus, „Ich will“, „Ich will nicht“, mit merkwürdigen Bewegungen, die wie Handkantenschläge ansetzten und bei einem undefinierten Händeschütteln stehenblieben. Während Genscher in einem militanten Einerseits - Anderseits voranschritt, endete Strauß mit der Warnung Europas, daß jetzt die Deutschen endgültig aus dem Schatten Hitlers heraustreten würden und daß dann andere Saiten aufgezogen würden. Es war schon ein Wettrennen der Politiker in ihrem Redetext, aber wer hatte gewonnen? Die NRW–Grünen haben protestiert, daß Thomas Ebermann mit dem Hinweis, er habe „seine Rhetorik im KB gelernt“, diskriminiert worden sei. Unverständlich, denn Ebermann bewies es allsogleich. So grünen–feindlich war die Sendung gar nicht. Ebermann sprach für die Grünen, die anderen Politiker für die Menschen draußen im Lande. Die wichtigste Botschaft war, daß in Hamburg bei den Grünen „gute Stimmung“ sei. Ansonsten wurde der imaginäre Wettkampf mit den Manuskripten vom grünen Unterhaltungsprogramm garniert - eine durchaus realistische Sendung. KH