Israels Rolle im Waffen–Deal zwischen USA und Iran

■ Der Geheimdienstausschuß des US–Senats enthüllt Israel als treibende Kraft von Waffenlieferungen und Contra–Geldern / Angst vor der Stärke des Irak nach einem Sieg über den Iran ließ Israel auf Khomeini zugehen / Reagans Behauptung, es sei nicht um den Freikauf von Geiseln gegangen, wird durch Dokumente widerlegt

Aus Washington Stefan Schaaf

Israel hat bei der Einleitung des geheimen Waffen–Deals zwischen den Vereinigten Staaten und dem Iran eine entscheidende und treibende Rolle gespielt, behauptet der Untersuchungsbericht des Senatsgeheimdienstausschusses, der in den Wochen vor Weihnachten nichtöffentliche Hearings zu dieser Affaire durchgeführt hatte. Nach diesem Report ist auch die Idee, Profite aus den Rüstungsverkäufen an die antisandinistischen Contras weiterzuleiten, zuerst von einem israelischen Emissär in Washington vorgebracht worden. Die israelische Regierung hat die Angaben des Senatsausschusses ebenso bestritten wie frühere Berichte über eine weitgehende Verwicklung in die Affaire. In dem Bericht des Geheimdienstausschusses ist vor allem der Text der Genehmigung enthalten, die Präsident Reagan am 17. Januar 1986 erteilt und die die legale Basis für US–Waffenlieferungen an den Iran geschaffen hatte. Diesem Text liegt ein dreiseitiges Memorandum aus der Feder von Oliver North zugrunde, in dem die Gründe für den Versuch einer politischen Öffnung zum Iran dargelegt werden. Dort heißt es, ein Sonderbotschafter des damaligen israelischen Ministerpräsidenten Peres habe in Washington vorgesprochen, um einen Plan zu unterbreiten, „durch den Israel, mit begrenzter Unterstützung durch die USA, Bedingungen schaffen könne, die ein gemäßigteres Regime im Iran herbeiführen könnten“. Israel sei sehr besorgt, daß die sich verschlechternde Position des Iran im Krieg mit Irak, die Möglichkeit einer weiteren Radikalisierung im Iran und eine Vergrößerung des sowjetischen Einflusses im Golf bedeutsame Bedrohungen der Sicherheit Israels darstellen. Um ein Machtgleichgewicht in der Region zu bewahren, sei Israel bereit, „einseitig militärisches Material an westlich orientierte iranische Fraktionen zu verkaufen“. Israel wünsche lediglich die Zusage, in den USA Nachschub für die durch die Lieferungen an den Iran entstehenden Lücken in seinem Arsenal kaufen zu können. Doch der damalige Sicherheitsberater Reagans, Admiral Poindexter, schlug einen anderen Weg vor, um die gesetzlich vorgeschriebene Information des Kongresses über den Verkauf ameri kanischer Rüstungsgüter durch Drittländer zu umgehen: Die CIA solle die Waffen vom Pentagon erwerben und diese dann direkt an den Iran verkaufen. Freilassung garantiert Im übrigen, so das Memorandum an Reagan, hätten Iraner wie Israelis versichert, daß sofort nach der Aufnahme der Waffenlieferungen die fünf im Libanon festgehaltenen US–Bürger freigelassen würden. „Der Weg über die iranische Regierung könnte sehr wohl unsere einzige Möglichkeit darstellen“, die Freiheit der Geiseln zu erlangen. Mit dieser Formulierung werden die Behauptungen der Reagan–Administration, nie Waffen gegen Geiseln getauscht zu haben, endgültig ad absurdum geführt. Mit der Genehmigung durch den Präsidenten vom 17. Januar 86 begann die zweite Phase der Lieferung amerikanischer Rüstungsgüter an den Iran. Die erste hatte von August 85 bis zum Dezember gedauert, als Israel bereits Waffen aus seinen Arsenalen an das Khomeini–Regime geliefert hatte. Vorgeschlagen hatte dieses Vorgehen David Kimche, der damalige Generaldirektor des israelischen Außenministeriums. Es wurde beendet, weil der amerikanischen Seite, besonders dem im Dezember 1985 zurückgetretenen Robert McFarlane, die israelischen Mittelsmänner zu unzuverlässig waren. Die Israelis hatten im November 85 statt hochmoderner Ersatzteile für die iranischen HAWK–Luftabwehrbatterien obsoleten Schrott geliefert. Die Ware wurde zurückgeschickt und offenbar auch nicht bezahlt, genausowenig wurde eine Geisel freigelassen. Nach den ersten beiden israelischen Lieferungen im September 1985 war lediglich der US–Geistliche Benjamin Weir freigelassen worden. Zwischen den USA und Israel ist bisher umstritten, welche Seite die treibende Kraft für die ursprüngliche Kontaktaufnahme gewesen ist. Israels damaliger Premier Peres hat beteuert, die ersten Waffenlieferungen seien die großzügige Geste eines engen Verbündeten der USA gewesen. Doch verschiedene Quellen haben durchaus eigenständige Interessen Israels an besseren Beziehungen zum Iran benannt, etwa das Schicksal der 30.000 bis 50.000 iranischen Juden oder die Furcht vor einem Erstarken des Irak nach einem Sieg über den Iran. Den Israelis ist es am liebsten, wenn diese beiden Staaten sich noch recht lange in den Sümpfen des Shatt–el–Arab gegenseitig in Schach halten. Deswegen hatten sie dem Khomeini–Regime schon seit 1981 diskrete Avancen gemacht. Herrenloses Geld Der Bericht des Geheimdienstausschusses des Senats bezeichnet Israel außerdem als die Quelle des Plans, einen Teil der Erlöse aus dem Waffenverkauf an den Iran an die nicaraguanischen Contras weiterzuleiten. Als Amiran Nir, der für die Bekämpfung des „Terrorismus“ zuständige Mitarbeiter von Shimon Peres, am 2. Januar 1986 in Washington mit Admiral Poindexter und Oliver North zusammentraf, habe der Israeli einen entsprechenden Vorschlag gemacht. Bei den Millionen, um die der Iran übervorteilt wurde, handele es sich um „herrenloses“ Geld, auf das die USA keinen Anspruch geltend machen könnten und dessen Verwendung deswegen auch nicht von US–Gesetzen eingeschränkt sei. Diese Erklärung habe North gegenüber Justizminister Meese abgegeben, als er am 23. November letzten Jahres auf ein entsprechendes „Hintergrundpapier“ angesprochen wurde, das Beamte des Justizministeriums in seinem Safe entdeckt hatten. Offenbar enthält der Senatsbericht noch eine weitere Version, der zufolge die Idee der Contra–Finanzierung auf Umwegen von dem iranischen Waffenhändler Manusher Ghorbanifar stammt. Ghorbanifar ist der iranische Mittelsmann von Israelis und Amerikanern zum iranischen Parlamentssprecher Rafsandjani gewesen, man beschreibt ihn als dubiosen und schillernden Charakter, dem keine der beteiligten Seiten großes Vertrauen entgegenbrachten. Die Reagan–Administration ließ seine Telefongespräche abhören und erfuhr so, daß Ghorbanifar im Laufe der Transaktionen einige Millionen in die eigene Tasche gewirtschaftet hatte. In einem außergewöhnlichen Interview der US–Fernseh–Gesellschaft ABC hatte Ghorbanifar im Dezember beteuert, keinen Cent an dem Waffen–Deal verdient zu haben. „Meine Zeit kommt“, sagte er der Journalistin Barbara Walters, „wenn der Krieg zwischen Iran und Irak beendet ist und die beiden Länder den Wiederaufbau beginnen. Dann werde ich meine Gewinne machen.“