Papieroffensive gegen Mastensäger

■ Bayerisches Landeskriminalamt will „Fahndungsdruck“ mit weiteren 70.000 Plakaten und 150.000 Flugblättern an die Bevölkerung verstärken / Zusammenarbeit von Bayern und Baden–Württemberg

Aus München Luitgard Koch

Um den „Fahndungsdruck“ bei Anschlägen gegen Versorgungs– und Verkehrseinrichtungen weiter zu verstärken, kündigte gestern der Münchner Polizeipräsident Gustav Häring bei einer Pressekonferenz eine neue Plakat– und Flugblattaktion des bayerischen Landeskriminalamtes (LKA) an. Nach Angaben des LKA wurden in Bayern im vergangenen Jahr 89 Anschläge auf Strommasten und Bahnanlagen registriert. Im Vorjahr waren es dagegen nur vier. Damit sei eine Steigerung von über 2.000 Prozent erreicht. Die Wachsamkeit der Bevölkerung dürfe auf keinen Fall nachlassen, hieß es. Nachdem bisher bereits in Bayern eine Million Flugblätter an die Bevölkerung verteilt wurden, sollen nun weitere 70.000 Plakate in öffentlichen Gebäuden und Geschäften ausgehängt werden. Gleichzeitig sollen gezielt 150.000 Merkblätter an besondere Bevölkerungsgruppen verteilt werden. Vor allem Landwirte, Jäger, Fischer und Bedienstete der Flurbereinigung hat das LKA dabei im Visier. „Weil dieser Personenkreis, aufgrund seiner Tätigkeit, besonders gute Möglichkeiten hat, Beobachtungen zu machen“, begründete Häring die Aktion. Die Vermutung, daß „Big Brother“ bei der Verteilung an diese Bevölkerungsgruppe mithelfen soll, wies er zurück. „Unser Weg ist ein sehr mühsamer, wir müssen das über die Verbände laufen las sen“, betonte er. Da die Anschläge auch im schwäbischen Raum liegen, arbeitet das bayerische LKA bereits mit den Beamten der SOKO aus Baden–Württemberg zusammen. Zum Erfolg der bisherigen Maßnahmen gab es nur vage Auskünfte. „Das Teuflische daran ist ja, daß die Masten nicht neben den Straßen stehen, wo sie leicht zu beobachten sind“, bedauerte Häring. 16.000 Strommasten existieren in ganz Bayern. Allein über das eingerichtete Sondertelefon würden, so Häring, täglich an die 100 brauchbare Hinweise eingehen. Vor kurzem meldete sich dabei ein Rentner, mit dessen Hilfe ein Anschlag auf einen Strommast im Neuperlacher Forst verhindert worden sei. Die Täter sind nach Ansicht des LKA jedoch keine „Trupps, die quer durch die Bundesrepublik tätig sind“. Im Zusammenhang mit dem Strafmaß verwies Häring auf die neuen „Antiterrorgesetze“. Bei gefährlichem Eingriff in den Bahnverkehr bis zu fünf Jahren, bei Nachweis einer terroristischen Vereinigung bis zu zehn Jahren. Falls die Ermittlungsbehörden jedoch nachweisen könnten, daß die Absicht bestand, Menschen zu töten, handele es sich um Mordanschläge. Daß im Moment Ruhe an der „Strommastenfront“ herrsche, sei den ungünstigen Witterungsverhältnissen zuzuschreiben. Immer wieder betonte Häring, in der „gemütlichen Runde“ der LKA–Pressekonferenz, bei Weißbier und Weißwurst, wie entscheidend für den Erfolg gerade die Unterstützung der Presse sei.