Q U E R S P A L T E Möhren–Trip

■ Die Natur ist viel giftiger als die Industrie

Fakten“ heißt das Faltblatt, das der Bundesarbeitgeberverband Chemie den Betriebszeitungen derselben beilegt. Ausgabe Nr. 29 widmet sich den „Natürlichen Giften“ und beginnt tröstlich: Biologie und Chemie, das sei Hose wie Jacke. Des Menschen Organismus könne ohnehin nicht unterscheiden zwischen künstlichem Methylalkohol und natürlichem Holzgeist. Es möge ihn beruhigen, daß beide „oberhalb einer bestimmten Dosis“ zu Erblinden und Tod führen. Bakterien, Fische, Pflanzen und Kröten produzieren zudem weitaus gefährlichere Gifte als die Chemie–Industrie. Die Beispiele folgen Schlag auf Schlag: Kartoffeln, Möhren, die kleine rote Himbeere gar. 110 garstige chemische Bestandteile - Säuren, Ester, Leberschäden verursachendes Cumarin verbergen sich in dem süßen Früchtchen, das, so die Chemieindustrie, heutzutage „keinerlei Aussicht auf lebensmittelrechtliche Zulassung“ hätte, „wenn man sie künstlich herstellen wollte“. Im „Übermaß verzehrt“ machen Zwiebeln Kröpfe, Möhren Halluzinationen, Käse mit Rotwein Migräne (kann ich bestätigen), Aale auch ohne Rhein–Bad Krämpfe, Rhabarber Nierenweh und unreife Kartoffeln Kopfschmerzen. Was Kröten machen und wieviele man schlucken muß, bis sie törnen, verschweigen die Profis den interessierten Laien. Eigene Nachforchungen bei einschlägigen Chemikern und Selbstversuche konnten auch nicht erhellen, wieviele Zentner Möhren zu verzehren sind, bis sich eine winzige Halluzinazazazazaion... Fazit nach dem Karotten–Trip: Manche Faltblätter erregen Übelkeit. Heide Platen